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Zeuge im NSU-Prozess über Zschäpe:"Ohne die Uwes war mit ihr nichts los"

Thomas S. half dem NSU-Trio beim Untertauchen im Jahr 1998 und besorgte Sprengstoff. Im Prozess verweigert er die Aussage - im Polizeiverhör hatte er Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als praktisch unzertrennlich beschrieben.

Aus dem Gericht von Annette Ramelsberger

In der Not erinnert man sich gern an alte Freunde. Und wenn man weiß, dass die Freunde in der Nähe alle überwacht werden, ist es gut, wenn man auch noch Freunde hat, auf die nicht sofort der Blick von Polizei und Verfassungsschutz fällt.

Als Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Januar 1998 untertauchten, da erinnerten sie sich an Thomas S., einen Neonazi aus Chemnitz. Er besorgte ihnen für die ersten Wochen eine Unterkunft in Chemnitz. Der Mann fühlte sich ihnen verbunden. Zschäpe hatte mit Thomas S. ein Jahr zuvor eine Liebesbeziehung unterhalten. Ein "Techtelmechtel", wie es der ehemalige Liebhaber bei der Polizei nannte. Von Ende 1996 bis April 1997 ging die Beziehung und er selbst, so sagte er, hätte gerne etwas Festeres daraus gemacht.

An diesem Tag im Gericht allerdings erfährt man von Thomas S. nichts. Er kommt herein, hager, mit schütterem Haar und Kapuzenpulli und verweigert die Aussage: Gegen ihn ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung NSU. Er muss nichts sagen, da er sich selbst belasten könnte. Doch der Polizist, der ihn nach der Entdeckung des NSU verhört hatte, sagt nun aus. Bei ihm hatte Thomas S. ausführlich geredet. Auch über seine Beziehung zu Beate Zschäpe.

Das ist kein Voyeurismus, sondern interessant für die Stellung Zschäpes innerhalb des NSU. Denn Thomas S. erzählte, wie es ihn genervt habe, dass er Zschäpe fast nie allein treffen konnte. Dass die beiden Männer immer mitkamen. Und wie es ihn erstaunt habe, dass die beiden Uwes nicht eifersüchtig auf ihn waren. "Die haben die auch mal zu mir hergefahren oder sind sogar mitgekommen", sagte er im Verhör. Er hatte die drei kennengelernt, da war Zschäpe mit Mundlos zusammen, später dann war sie mit Böhnhardt zusammen. Und dann mit keinem von den beiden, erklärte Thomas S.

"Bei rechten Themen wurde sie munter"

Eigentlich hätte er ja dann freie Bahn haben können. Doch schon bald merkte er, dass Zschäpe keine feste Beziehung anstrebte, dass sie nicht mit ihm zusammenziehen wollte. "Die hätte nur die Uwes im Kopf gehabt", habe Thomas S. geklagt. "Ohne die Uwes war mit ihr nichts los." Und als Thomas S. die drei fragte, warum sie untertauchen mussten, hieß es: Böhnhardt hätte eine Haftstrafe antreten müssen. Warum dann aber alle drei untertauchten, schien Thomas S. nicht zu wundern: Sie seien ja ein Trio. S. habe auch den schönen Satz über Zschäpe gesagt: "Bei rechten Themen wurde sie munter."

In der Zeit seiner Liebelei mit Zschäpe Anfang 1997 hatte Uwe Mundlos Thomas S. darauf angesprochen, ob er Sprengstoff besorgen könne. Er lieferte rund ein Kilogramm. Ein paar Tage später habe sich Mundlos noch mal gemeldet, er wisse nicht, wie man das zünden sollte. Zünder aber will Thomas S. nicht besorgt haben. Er habe ein mulmiges Gefühl gehabt, sagte er in der Vernehmung. Ganz offensichtlich hat der NSU später herausgefunden, wie man Sprengstoff zündet. Die Terrorgruppe ließ in Nürnberg und in Köln Bomben hochgehen.

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SZ vom 03.04.2014
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