Zehn-Punkte-Plan:Wie Altmaier die Energiewende schaffen will

Die Energiewende hat er mit dem jetzt vorgestellten Zehn-Punkte-Papier zu seinem persönlichen Projekt gemacht - doch bei der konkreten Umsetzung muss Bundesumweltminister Peter Altmaier in den kommenden Monaten einige Widerstände überwinden. Von Solarförderung bis Energieeffizienz - die wichtigsten Probleme der gegenwärtigen Umweltpolitik.

Zehn-Punkte-Plan

Energiewende

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(Foto: dpa)

Die Energiewende hat er mit einem Zehn-Punkte-Plan zu seinem persönlichen Projekt gemacht - doch bei der konkreten Umsetzung muss Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) einige Widerstände überwinden. Von Solarförderung bis Energieeffizienz - die wichtigsten Probleme der Umweltpolitik. "Der Ausstieg aus der Kernenergie ist entschieden und unumkehrbar", schreibt Altmaier in seinem Zehn-Punkte-Plan. Mit den Beschlüssen zum Atomausstieg ende ein mehr als "40-jähriger ideologischer Konflikt, der Deutschland tief gespalten und das Verhältnis vieler Menschen zum technischen Fortschritt negativ beeinflusst hatte", so Altmaier. Die Energiewende sei für Deutschland "die größte wirtschaftspolitische Herausforderung seit dem Wiederaufbau und die größte umweltpolitische Herausforderung überhaupt", heißt es in dem Ministerpapier.  Im Bild: Das AKW im unterfränkischen Grafenrheinfeld.

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Strompreis

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(Foto: dapd)

Die Entscheidung, die Energieversorgung schrittweise auf erneuerbare Energien umzustellen, sei richtig, sagt Altmaier. Sie müsse aber "in jedem Augenblick volkswirtschaftlich verantwortbar und damit bezahlbar sein, da sie ansonsten ihre eigene Basis untergraben und zerstören würde." Es dürfe durch hohe Energiekosten keine sozialen Verwerfungen geben. Einkommensschwachen Haushalten will der Minister daher mit einer kostenlose Energieberatung helfen. "Nach zurückhaltenden Schätzungen können hier über 30 Prozent Strom gespart werden", schreibt Altmaier. Damit ließen sich steigende Strompreise in vielen Fällen ausgleichen. Dabei stellt der Umweltminister die bisherige Ökostromförderung in Frage. Mittelfristig müssten die erneuerbaren Energien "auch ohne Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz markt- und wettbewerbsfähig werden". Damit reagiert der MInister auf seine Kritiker. Sowohl Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) als auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatten vorgeschlagen, die Förderung von Ökostrom neu zu regeln. Die Zukunft des Ökostroms solle auch Gegenstand eines Spitzentreffens im Kanzleramt Ende des Monats sein.

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Solarförderung

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(Foto: dpa)

Nach etlichen Jahren kräftiger Zuwächse macht die deutsche Solarbranche derzeit Verluste, etliche Firmen gingen pleite. Das liegt auch daran, dass die Bundesregierung die Förderung der Photovoltaik zurückgefahren hat, um wie Altmaier in seinem Papier schreibt "Anreize zur Marktintegration" zu setzen. Doch mittlerweile ist Altmaier von dieser Linie wieder abgewichen, zumindest teilweise. Der Grund: Der Umweltminister will die deutsche Solarindustrie vor der Billigkonkurrenz aus China schützen. Im Juni einigten sich Bund und Länder darauf, die Solarförderung nicht so schnell zu kürzen wie ursprünglich vorgesehen. Doch offenbar reicht das nicht aus: Einen Monat nach den Verhandlungen spielte Altmaier sogar öffentlich mit dem Gedanken, Strafzölle gegen China zu verhängen. Im Bild: Der Solarpark Brenz bei Neustadt in Mecklenburg-Vorpommern.

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Erneuerbare Energien

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(Foto: David Ebener/dpa)

Deutlich mehr als 20 Prozent, das ist nach Aussage des Umweltministers der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland, der schon Ende 2012 erreicht sei. Bis zum Jahr 2020 strebt Altmaier sogar einen Anteil von 40 Prozent an - und hat damit die bisherige Prognose der Bundesregierung noch einmal um fünf Prozent nach oben korrigiert. Schwieriger liegen die Dinge bei der Reduktion der Treibhausgase, denn hier kann es nur in Abstimmung mit anderen Staaten Erfolge geben. Nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen im Jahre 2009 brauche "der internationale Klimaschutz dringend neuen Schwung", schreibt Altmaier. Noch vor der nächsten Klimakonferenz in Doha im Dezember müsse die EU Einigkeit über ein höheres Klimaziel erzielen. Bislang haben sich die Europäer darauf verpflichtet, bis 2020 20 Prozent weniger Emissionen zu verursachen als noch 1990. Deutschland unterstütze eine Anhebung auf 30 Prozent, so der Umweltminister. Im Bild: Ein Windpark im oberfränkischen Trogen

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Kohleausstieg

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(Foto: dpa)

Mehr Kohle für die Energiewende: Als am Mittwoch das größte Kohlekraftwerk der Welt in Nordrhein-Westfalen offiziell eröffnet wurde, war auch Bundesumweltminister Peter Altmaier dabei. Einen Monat zuvor hatte er gesagt, dass zur Sicherung der künftigen Stromversorgung auch neue Kohlekraftwerke nötig seien. Bei einem Ziel von 35 Prozent erneuerbarem Strom bis 2020 müssten immer noch 65 Prozent auf herkömmlichen Wegen erzeugt werden. "Und da meine ich, dass es Sinn macht, alte umweltschädliche Braun- und Steinkohlekraftwerke durch moderne effiziente Kohle- und Gaskraftwerke zu ersetzen", sagte der CDU-Politiker der Zeit. Die Umweltorganisation Greenpeace mahnt in ihrem eigenen Zehn-Punkte-Plan einen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2040 an. Die Kraftwerke seien CO2-Schleudern und würden den Ausbau der erneuerbaren Energien blockieren. Im Bild: Kühlturm und Schornsteine des Eon-Kohlekraftwerks Staudinger im hessischen Hainburg.

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Alternativen zum Biokraftstoff

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(Foto: dpa)

Für die Energiewende ungeeignet - dieses Urteil fällte jüngst die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina/Nationale Akademie der Wissenschaften über Bioenergie und Biokraftstoff. Beides würde zum Beispiel aus der Verbrennung von Pflanzen gewonnen, was mit hohen Treibhausgasemissionen und Umweltbeeinträchtigungen verbunden sei. Die Experten bemängeln außerdem, dass Bioenergie potenziell mit der Herstellung von Nahrungsmitteln konkurriere. Aus diesem Grund fordert Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) ein Verbot für den Biosprit E10, der 2011 eingeführt worden war. Die Verpflichtung, das aus Getreide und Rüben gewonnene Bioethanol zu zehn Prozent beizumischen, sorge angesichts der Dürren in aller Welt für steigende Agrarpreise und zu wenig Nahrung für die Menschen. Im Bild: Demonstranten vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin im März 2011.

Zehn-Punkte-Plan

Endlagersuche

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(Foto: dpa)

Der Atomausstieg ist endgültig, doch eine Frage blieb bislang offen: Wohin mit dem radioaktiven Müll? Bisher gibt es in Deutschland kein Endlager für radioaktive Abfälle. Altmaier hat jetzt angekündigt, noch im September das lang versprochene Endlagersuchgesetz vorzulegen. Dabei will der Minister "die Erkundung möglicher Endlagerstandorte einschließlich des Standortes Gorleben" regeln. Doch Umweltverbände kritisieren, dass Gorleben nicht ausgeschlossen wird. Seit 35 Jahren werden in dem Salzstock Untersuchungen zur Endlagertauglichkeit durchgeführt. Experten sind der Meinung, dass der Standort Gorleben für die Lagerung von Atommüll ungeeignet sei. Sein Ziel ist es, so schreibt Altmaier in dem Zehn-Punkte-Plan, alle Entscheidungen in der Entsorgungsfrage im Konsens mit den Bundestagsfraktioen und den Ländern zu regeln und "so zu verhindern, dass sie durch Wahlen und Regierungswechsel stets erneut in Frage gestellt werden." Außerdem will Altmaier bis Ostern 2013 ein "Lex Asse" beschließen. In der umstrittenen und möglicherweise einsturzgefährdeten Schaltanlage Asse II in Niedersachsen lagern derzeit über 125.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll. Das Gesetz soll die Grundlage für die Stilllegung der Schachtanlage und die Rückholung der Abfälle schaffen. Im Bild: Das Atomülllager Asse bei Wolfenbüttel im Jahr 2009.

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Netzausbau

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(Foto: dapd)

Der Netzausbau ist eines der zentralen Themen der Energiewende. Allerdings geht es bis jetzt nur schleppend voran. Drei Jahre nach Verabschiedung des Energieleitungsausbaugesetzes sind von den geplanten 1834 Kilometern Höchstspannungstrassen lediglich 214 Kilometer fertig, bis zum Jahresende werden wohl gerade mal 35 Kilometer hinzukommen. Der Zeitverzug bei den Vorhaben liegt mittlerweile bei ein bis fünf Jahren. Nach dem im Frühjahr 2012 von den deutschen Netzbetreibern vorgelegten Entwurf eines ersten nationalen Netzentwicklungsplans müssen bis 2022 etwa 3800 Kilometer neue Stromtrassen gebaut und außerdem etwa 4000 Kilometer vorhandener Trassen aufgerüstet werden. Die noch zu erarbeitetenden Detailpläne hierfür dürften auch viele Kommunen betreffen - Ärger ist programmiert. Altmaier tritt beim Netzausbau dafür ein, dass sich "die Bundesregierung in den nächsten Jahren auf prioritäre Verbindungen konzentrieren und zunächst diese realisieren" soll.

Zehn-Punkte-Plan

Energieeffizienz

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(Foto: dapd)

"Die Steigerung der Energieeffizienz birgt enormes Potenzial, das bislang völlig unzureichend genutzt wird", schreibt Greenpeace in seinem Zehn-Punkte-Plan. Der Energieverbrauch müsse dringend gesenkt werden, damit der restliche Bedarf noch vor 2050 vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt werden könne. In Altmaiers Zehn-Punkte-Plan findet sich zum Thema Energieeffizienz - abgesehen von dem Vorhaben der kostenlose Energieberatung für Verbraucher - nur wenig. Der Minister will mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag eine gemeinsame Effizienz-Initiative vereinbaren, die sich insbesondere an kleinere und mittlere Unternehmen wendet. Außerdem werde er gelungene Initiativen einzelner Unternehmen aufgreifen, zum Beispiel Energie-Scouts.  Unternehmen mit hohem Energieverbrauch müssen nach einem Beschluss von Anfang August ihre Energieeffizienz jährlich um 1,3 Prozent steigern. Der Opposition geht der Entwurf jedoch nicht weit genug. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, ein solcher Gesetzesentwurf sabotiere "ambitionierte Effizienzziele, die Vorraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende sind". Im Bild: Arbeiter einer Spezialfirma für Baustoffe, die in Mukran auf Rügen Bauteile für Tunnelelemente verschweißen.

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Verkehr

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(Foto: dpa)

Schon vor einigen Wochen ließ der neue Bundesumweltminister wissen: Die Zahl der Elektroautos, die in nächster Zeit lautlos über Deutschlands Straßen rollen, wird deutlich geringer sein als bisher angenommen. 2011 sind in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt gerade einmal 2154 Elektro-Pkws angemeldet worden, von insgesamt fast 3,2 Millionen neu zugelassenen Autos. Aktuell ist es jedoch ohnehin billiger, CO2-Emissionen und Sprit durch effizientere Verbrennungsmotoren zu sparen. Daher hatte Greenpeace gefordert, Altmaier solle einer Aufweichung der Emissionsziele für Pkw "eine klare Absage erteilen". Im Programm des Ministers findet sich dazu allerdings keine Aussage.

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