ZDF: Kurt Beck:Das Staatsschauspiel

Mit Politik gegen Politik: Kurt Beck pocht auf ein neues ZDF-Gesetz. Er möchte den Parteienproporz beschränken und die Stimmen der Bundesregierung beschneiden.

Claudia Tieschky

Die Union hat im ZDF-Verwaltungsrat ihre Macht in der vorigen Woche gegen den Chefredakteur Nikolaus Brender eingesetzt, so klar wie in diesem Fall zeigt sich Parteieneinfluss im Sender selten. Das ZDF bleibt wohl bis auf Weiteres ein Staatsschauspiel: Nun will der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und ZDF-Verwaltungsratschef Kurt Beck, SPD, das Sendergesetz ändern. Er möchte Parteienproporz beschränken, die Mitsprache des Verwaltungsrats ändern und die Stimmen der Bundesregierung beschneiden. Dass in Mainz auch Fernsehjournalismus gemacht wird, scheint dieser Tage eher Nebensache.

ZDF: Kurt Beck: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und ZDF-Verwaltungsratschef Kurt Beck pocht darauf, das Sendergesetz zu ändern.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und ZDF-Verwaltungsratschef Kurt Beck pocht darauf, das Sendergesetz zu ändern.

(Foto: Foto: ddp)

Die große Staatsmacht in den ZDF-Gremien ist oft kritisiert worden. Jetzt aber wird der Reformwille aufgeheizt von der Empörung über Roland Kochs brutalstmöglichen Eingriff in die Kompetenz des Intendanten Markus Schächter. Schächter wirkte wenig wehrhaft. Koch hat überzogen, aber das dürfte ihn kaum stören. In voraussichtlich zwei Wochen wird Schächter erneut einen Kandidaten zur Abstimmung in die CDU-Arena des Verwaltungsrats schicken.

Jetzt soll Politik mit Politik ausgetrieben werden, auch das gehört zum System ZDF. Beck muss für eine Gesetzesänderung in der Rundfunkkommission auch Unionsländer überzeugen. Der SZ sagte er am Freitag, er glaube, "dass nach den öffentlichen Reaktionen und nach den Darlegungen von Staatsrechtspositionen ein Nachdenken bei der Union eingetreten ist. Darauf setze und baue ich." Sollte der Gesetzesvorstoß scheitern, behalte er sich eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht vor.

Für die zur Normenkontrollklage nötigen Stimmen wirbt bereits die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag. Beck kann eine solche Klage als Ministerpräsident sogar alleine beantragen. Doch der Gang nach Karlsruhe könnte mehr ändern, als der SPD lieb ist.

Er wolle, sagt Beck, erst auf die Gesetzesinitiative bauen, um "unser Wissen und unsere Erfahrungen um diesen Sender in den Staatsvertrag hineinzuschreiben". Zwar könne er nicht für jeden Abgeordneten reden, aber diese Position sei mit der Spitze der SPD-Fraktion im Bundestag, mit der Partei und den Ministerpräsidenten abgestimmt.

Die SPD hat wenig zu verlieren

Unterstützung hat Beck von den SPD-Regierungschefs Matthias Platzeck (Brandenburg), Erwin Sellering (Mecklenburg-Vorpommern), Jens Börnsen (Bremen) und Klaus Wowereit (Berlin). Bislang bestellt der Intendant die Posten des Chefredakteurs, Programmdirektors und Verwaltungsdirektors "im Einvernehmen" mit dem Verwaltungsrat. Das bedeutet derzeit eine Zustimmung von neun der vierzehn Mitgliedern.

Nach Becks Modell würde der vom Bund entsandte Vertreter ausscheiden, dann gäbe es im Verwaltungsrat nur noch dreizehn Mitglieder. Wenn drei Fünftel der Räte, also mindestens acht, ein Veto gegen den Vorschlag des Intendanten einlegen, könnten sie dann einen Kandidaten verhindern. Das Unionslager reicht derzeit für ein solches Veto, wenn es geschlossen stimmt.

Im Fernsehrat, der acht Verwaltungsräte bestimmt, würde die Zahl der Parteimandate halbiert (sechs statt bislang zwölf). Die 25 Vertreter von Verbänden und Organisationen würden nicht mehr durch die Ministerpräsidenten, sondern von den Verbänden selbst berufen, und sie dürften keine "staatsnahen Haupt- oder Nebenfunktionen wahrnehmen". Und schließlich könnte die Bundesregierung statt drei Emissären nur noch einen Fernsehrat stellen, das Gremium hätte dann noch 69 statt bisher 77 Mitglieder.

Wenn es so kommt, würden alle Parteien im ZDF Macht einbüßen. Aber manche haben schon jetzt weniger zu verlieren, auch das gehört zum Schicksal der SPD. Aus Roland Kochs Staatskanzlei hieß es am Freitag, Becks Vorschläge seien "eine doch sehr vordergründig auf tagespolitische Wirkung angelegte Reaktion".

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