Zahlen des Sozialministeriums:Armutsrisiko deutscher Rentner steigt dramatisch

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Die Zahlen sind alarmierend: Selbst wer 35 Jahre lang Vollzeit gearbeitet hat und 2500 Euro brutto im Monat verdient hat, bekommt nur eine Rente in Höhe der Grundsicherung von 688 Euro. Mit dieser Berechnung macht Sozialministerin von der Leyen Druck, um endlich Zustimmung für ihr Projekt Zusatzrente zu bekommen.

Sozialministerin Ursula von der Leyen erhöht den Druck. Im Kampf gegen die Altersarmut - und für die von ihr vorgeschlagene Zusatzrente. Seit Monaten streitet die CDU-Politikerin für ihren Vorschlag, gegen den Widerstand der FDP und von Kabinettskollegen. Jetzt will die Ministerin mit dramatischen Zahlen belegen, wie groß der Handlungsbedarf ist. In einem Brief an die Junge Gruppe der Unionsfraktion schlage von der Leyen Alarm, berichtet die Bild am Sonntag und titelt: "Die neue Renten-Schock-Tabelle".

Die Zahlen sind in der Tat alarmierend: Demnach erhielten ab dem Jahr 2030 selbst Arbeitnehmer, die 2500 Euro brutto im Monat verdient und 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, nur eine Rente in Höhe des Grundsicherungsbetrags von 688 Euro. Wer genauso lang 2900 Euro verdient hat, muss mit weniger als 800 Euro auskommen.

Wenn eine längere Lebensarbeitszeit zugrunde gelegt werde, sähen die Zahlen nicht viel besser aus. Bei 40 Jahren Beitragszahlung müsse ein Arbeitnehmer demnach konstant mindestens 2200 Euro im Monat verdienen, um auf einen Rentenanspruch in Höhe der Grundsicherung zu kommen.

Aus dem Brief zitiert die BamS von der Leyen mit den Worten: "Es steht nicht mehr und nicht weniger als die Legitimität des Rentensystems für die junge Generation auf dem Spiel."

Klar ist schon lange, dass künftig immer mehr alte Menschen zur Altersversorgung nur die Grundsicherung erhalten - die Sozialhilfe im Alter. Derzeit fallen nur etwa 400.000 Menschen in diese Gruppe, also etwa knapp 2,5 Prozent der Rentner über 65 Jahre.

Wichtigste Ursache des steigenden Altersarmutsrisikos ist die beschlossene Rentenreform. Das Niveau der Nettorente soll von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent im Jahr 2030 sinken. Dieses sogenannte Sicherungsniveau gibt das Verhältnis zwischen der Rente an, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Jahren erhält, und dem Brutto-Durchschnittseinkommen - vor Zahlung von Steuern.

Von der Leyens Zahlen legen den Schluss nahe, dass diese Zahl dramatisch ansteigen wird. Laut Statistischem Bundesamt haben 2010 mehr als ein Drittel aller Vollzeitbeschäftigten weniger als 2500 Euro im Monat verdient.

Um möglichst vielen Betroffenen den Gang zum Sozialamt zu ersparen, kämpft die Ministerin nun eben für ihre sogenannte Zusatzrente. Wer 30 Jahre lang Beiträge gezahlt hat und 40 Versicherungsjahre nachweisen kann (dazu zählen auch Ausbildungszeiten, Krankheit oder Arbeitslosigkeit) soll eine höhere Rente bekommen. So sieht es von der Leyens Gesetzentwurf vor.

Vom Jahr 2018 würden sich die Anforderungen deutlich verschärfen. Dann gäbe es eine Zuschussrente erst nach 35 Beitragsjahren und 45 Versicherungsjahren. Zusätzlich wäre der Nachweis einer langjährigen privaten Altersvorsorge notwendig. Mit dieser Verschärfung der Anforderungen war die Ministerin bereits ihren Kritikern entgegengekommen.

Doch die FDP stellt auf stur. "Dazu gibt es keine Vereinbarung im Koalitionsvertrag", sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle dem Nachrichtenmagazin Focus. "Wenn Frau von der Leyen dafür in ihrem Haushalt Mittel sieht, kann sie die gerne umbuchen. Ansonsten sehe ich für eine Zuschussrente keinen Spielraum", sagte Brüderle. Zugleich bekräftigte er, dass die vom Kabinett beschlossene Senkung der Rentenbeiträge für die FDP nicht verhandelbar sei. Diese ist innerhalb der Union umstritten.

In der SPD steigt derweil der Druck auf Parteichef Sigmar Gabriel, sich dafür einzusetzen, das Rentenniveau auf derzeitigem Stand einzufrieren. Mit dem schleswig-holsteinischen Landesvorsitzenden Ralf Stegner und seinem Bremer Amtskollegen Andreas Bovenschulte haben sich nach Informationen des Spiegel zwei weitere Landeschefs einem entsprechenden Vorstoß des Berliner SPD-Verbands angeschlossen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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