Wut in Griechenland:Eier und Kaffee auf deutschen Konsul

Griechische Demonstranten greifen einen deutschen Diplomaten an. Merkels Sondergesandter suggeriert, griechische Beamte arbeiteten viel lahmer als deutsche. Das Verhältnis zwischen Geldgeber und Schuldner ist zerrüttet.

Christiane Schlötzer

Wut in Griechenland: Der deutsche Konsul Wolfgang Hoelscher-Obermaier musste auch Kaffeebechern ausweichen.

Der deutsche Konsul Wolfgang Hoelscher-Obermaier musste auch Kaffeebechern ausweichen.

(Foto: AP)

Eier flogen und Tomaten, und der deutsche Konsul in Thessaloniki, Wolfgang Hoelscher-Obermaier, wurde mit Kaffee und Wasser attackiert. Aus einem Lautsprecher drangen Nazi-Hymnen und griechische Radio-Aufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg. Dutzende aufgebrachte Demonstranten verschafften sich am Donnerstag in Thessaloniki zum Teil gewaltsam Zutritt zu einer Konferenz von deutschen und griechischen Kommunalpolitikern.

Die Polizei jagte die Protestierenden mit Knüppeln durch die Räume. Zuvor hatten mehrere hundert Menschen, so Augenzeugen, Besucher am Betreten des Gebäudes zu hindern versucht. Darunter war auch der deutsche Diplomat Hoelscher-Obermaier, der von Polizisten aus dem Gedränge geführt wurde. "Nazis raus"-Rufe erschallten. Gegen Mittag zogen die Demonstranten wieder ab. Verletzt wurde niemand.

Zu den Protestierenden gehörte der Chef der griechischen Gewerkschaft der Kommunalangestellten, Themis Balasopoulos. Er warf den Deutschen vor, sie seien "nicht hier her gekommen, um uns zu helfen". Die Stimmung hatte auch der deutsche Griechenland-Sondergesandte Hans-Joachim Fuchtel (CDU) angeheizt. Er hatte zuvor zu Journalisten in Thessaloniki gesagt, die Arbeit von 3000 griechischen Behördenmitarbeitern könnten in Deutschland 1000 Leute erledigen. Am Donnerstag versuchte Fuchtel dies zu relativieren. "Es gibt viele kompetente und fleißige Mitarbeiter in den Kommunen hier", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Die Effizienz könnte aber vielerorts gesteigert werden. In der Konferenz sagte Fuchtel, er sei nun "stärker pro-griechisch als je zuvor".

Bis Donnerstag sollte die Stadt Thessaloniki auf Wunsch der Regierung in Athen auch die Namen jener Mitarbeiter nennen, die für eine Entlassung vorgesehen sind. Dies ist Teil der Sparauflagen, die erst in der vergangenen Woche vom Parlament beschlossen wurden. Sie sind Bedingung für neue Kredite für Griechenland. Mehrere Bürgermeister haben sich bereits geweigert, die Listen vorzulegen. Fuchtel, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, reist seit Monaten durch Griechenland und vermittelt Partnerschaften zwischen deutschen und griechischen Kommunen. Der Zuspruch von griechischer Seite, besonders abseits der Hauptstadt Athen, ist hoch.

Anfangs hat die griechische Regierung den umtriebigen Deutschen eher ignoriert. Inzwischen lobt sie ihn. "Sehr hilfreich für Griechenland" sei die Initiative Fuchtels, sagte Innenminister Evripidis Stylianidis am Donnerstag der SZ. Nach Thessaloniki war der Minister auch gekommen. Ebenso wie die Bundestagsabgeordnete der Linken, Annette Groth. Sie drückte den griechischen Demonstranten ihre Solidarität aus: "Ich verstehe euch, auch ich war wütend und arbeitslos." Selbst CDU-Mann Fuchtel fand Groths Auftritt gut: Schließlich habe die Linken-Politikern den Kritikern gesagt, dass sie nicht glaube, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel "Griechenland aus dem Euro drängen will".

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