Wulff wünscht sich Zugabe beim Großen Zapfenstreich:Abschied mit dem Zauberer von Oz

Christian Wulff wird mit höchsten militärischen Ehren verabschiedet, dem Großen Zapfenstreich. Dabei soll das Stabsmusikkorps vier statt der üblichen drei Lieder spielen. So wünscht es sich das ehemalige Staatsoberhaupt, das sich zur Melodie von "Over the Rainbow" in den vorzeitigen Ruhestand begeben will.

Viel wurde schon über den Großen Zapfenstreich diskutiert. Steht dem zurückgetretenen ehemaligen Bundespräsidenten diese Verabschiedung überhaupt zu? Nach allem, was passiert ist? Trotz der zum Teil heftigen Kritik: Wulff wird ihn bekommen, den Großen Zapfenstreich. In der Dunkelheit, umrahmt von Fackeln.

Wulff wünscht sich Zugabe beim Großen Zapfenstreich: Fackeln im Park von Schluss Bellevue: Wie hier bei der Verabschiedung von Horst Köhler wird es auch beim Großen Zapfenstreich für Christian Wulff am Donnerstag viel militärischen Prunk zu sehen geben.

Fackeln im Park von Schluss Bellevue: Wie hier bei der Verabschiedung von Horst Köhler wird es auch beim Großen Zapfenstreich für Christian Wulff am Donnerstag viel militärischen Prunk zu sehen geben.

(Foto: APN)

Um 18:40 Uhr am Donnerstag werden die Fackelträger ausziehen, kurz danach wird sich Christian Wulff begleitet vom Präsidenten des Bundesrates, Horst Seehofer, von Verteidigungsminister Thomas de Maizière und vom Generalinspekteur Volker Wieker zum Podest im Park des Schlosses Bellevue begeben. Dann marschiert der Große Zapfenstreich an.

Diskutiert wurde auch über Wulffs Musikwünsche, die das Stabsmusikkorps der Bundeswehr zu erfüllen hat. Jetzt ist klar: Wulff verabschiedet sich mit einem Lied aus dem Märchen "Der Zauberer von Oz" in den Ruhestand: "Over the Rainbow" ist eines der vier Stücke, die sich Wulff für den Großen Zapfenstreich ausgesucht hat.

Außerdem wünschte sich der frühere niedersächsische Ministerpräsident nach Angaben des Präsidialamtes den "Alexandermarsch" (den Divisionsmarsch der 1. Panzerdivision in Hannover), das Kirchenlied "Da berühren sich Himmel und Erde" sowie die "Ode an die Freude" von Ludwig van Beethoven.

Üblicherweise suchen sich Politiker nur drei Lieder zum Zapfenstreich aus. Der in der Truppe sehr beliebte frühere Verteidigungsminister Peter Struck hatte allerdings ebenfalls vier Stücke ausgewählt. Eine feste Vorgabe gibt es nach Aussagen des Präsidialamtes nicht.

Das Lied "Over the Rainbow" stammt aus der Verfilmung des "Zauberers von Oz" in den 1930er Jahren und wurde damals von Judy Garland gesungen. Das Stück erzählt von einem Paradies irgendwo jenseits des Regenbogens, wo wie in den Schlafliedern kleiner Kinder "der Himmel blau ist und die Träume, die du zu träumen wagst, tatsächlich wahr werden". Weiter heißt es im Text: "Irgendwann werde ich die Wolken weit hinter mir lassen und an einem Ort aufwachen, wo der Ärger wie Zitronenbonbons schmilzt." Am Ende wünscht sich der Sänger, wie ein kleiner Vogel auf die andere Seite des Regenbogens fliegen zu können.

Der "Alexandermarsch" wurde 1853 von dem österreichischen Armee-Kapellmeister Andreas Leonhardt komponiert. Geschrieben wurde der Marsch für den russischen Kaiser Alexander II., als dieser noch Kronprinz war. Heute ist er der Divisionsmarsch der 1. Panzerdivision in Hannover.

"Da berühren sich Himmel und Erde" von Christoph Lehmann ist ein Kirchenlied, komponiert im Jahr 1989. Der Text stammt von Thomas Laubach. Es wird gern für Trauungen verwendet: "Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns."

Der Text des berühmten deutschen Gedichtes "Ode an die Freude" stammt von Friedrich Schiller und wurde von Ludwig van Beethoven in seiner 9. Sinfonie vertont. 1972 erklärte der Europarat die Vertonung zur "Europahymne".

Nach diesen Stücken beginnt der eigentliche Zapfenstreich. In der Mitteilung des Präsidialamtes heißt es kurz und knapp: "Großer Zapfenstreich: Locken zum Zapfenstreich, Zapfenstreichmarsch, Retraite, Zeichen zum Gebet, Gebet "Ich bete an die Macht der Liebe", Abschlagen nach dem Gebet, Ruf nach dem Gebet."

Anschließend folgt die Nationalhymne. Eine Stunde nach Beginn der Veranstaltung ist auch schon das Ende anberaumt: Für etwa 19.:5 Uhr plant das Protokoll: "Abmeldung des Großen Zapfenstreichs, anschließend Ausmarsch des Großen Zapfenstreichs".

Fraktionschefs nicht eingeladen

Zum Zapfenstreich erwartet das Bundespräsidialamt nach eigenen Angaben rund 200 Gäste, darunter Kanzlerin Angela Merkel, den amtierenden Bundespräsidenten Horst Seehofer, Verteidigungsminister Thomas de Maizière sowie weitere Vertreter der Verfassungsorgane, des diplomatischen Korps und der Bundeswehr. Auch Familienangehörige und Wegbegleiter Wulffs sollen kommen.

Die Fraktionschefs von Union und FDP, Volker Kauder und Rainer Brüderle, sind nach Angaben aus Koalitionskreisen dagegen nicht eingeladen. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat nach eigenen Angaben keine Einladung erhalten. Aus Kreisen des Protokolls hieß es dazu, dies habe mit dem engen Einladungskreis zu tun. Allerdings sei das Präsidium des Bundestages eingeladen worden. Die vollständige Gästeliste werde wie üblich nicht bekanntgegeben, erklärte ein Sprecher des Bundespräsidialamts auf Anfrage von Süddeutsche.de.

Alle vier noch lebenden Vorgänger Wulffs - Walter Scheel, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Horst Köhler - haben sich gegen eine Teilnahme entschieden, wie die SZ am Montag berichtet hatte. Die ehemaligen Staatsoberhäupter seien allerdings eingeladen gewesen, hieß es nun aus dem Präsidialamt.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier legte Wulff deshalb nahe, auf seinen Großen Zapfenstreich zu verzichten. Er glaube nicht, dass die Veranstaltung noch einigermaßen würdevoll über die Bühne gehen könne, nachdem alle ehemaligen, noch lebenden Bundespräsidenten ihre Teilnahme abgesagt hätten, sagte Steinmeier: "Deswegen ist Christian Wulff eigentlich zu raten, auf diesem Zapfenstreich nicht zu bestehen."

Wulff steht auch nach seinem Rücktritt weiter in der Kritik, weil er weder auf seinen Ehrensold von knapp 200.000 Euro im Jahr noch auf zusätzliche Privilegien wie Fahrer und Mitarbeiter verzichten will, die Medienberichten zufolge weitere rund 280.000 Euro pro Jahr kosten.

Der Große Zapfenstreich ist die höchste Form der militärischen Ehrerweisung. Die Bezeichnung Zapfenstreich geht auf die Zeit der Landsknechte zurück, als damit abends das Signal zur Nachtruhe gegeben wurde. Auch heute noch findet die musikalische Zeremonie in der Dunkelheit umrahmt von Fackelträgern statt. Die geehrte Persönlichkeit kann drei Musikstücke auswählen, die während der Serenade als Teil des Zapfenstreichs gespielt werden.

Musikwünsche beim Zapfenstreich

Drei Werke darf sich der Verabschiedete beim Großen Zapfenstreich normalerweise aussuchen. Die Geschmäcker sind verschieden, wie die bisherige Auswahl zeigt:

[] DIE TRADITIONELLEN: Bei der Verabschiedung von Bundespräsident Johannes Rau waren 2004 die Klänge des "Yorkschen Marsches" von Ludwig van Beethoven zu hören. Sein Amtsvorgänger Roman Herzog wünschte sich 1999 unter anderem den "Coburger Marsch", "Des Großen Kurfürsten Reitermarsch" sowie das "Bayerische Militärgebet". Helmut Kohl war 1998 der erste Bundeskanzler, der mit einem Großen Zapfenstreich aus dem Amt verabschiedet wurde. Auf seine Bitte hin spielte das Musikkorps außer dem Reitermarsch des Großen Kurfürsten auch den Choral "Nun danket alle Gott" und die als Europahymne bekannte "Ode an die Freude" von Ludwig van Beethoven.

[] DIE KLASSISCH-MODERNEN: Bundespräsident Horst Köhler wünschte sich nach seinem Rücktritt 2010 neben zwei Märschen wohlklingenden Jazz: den Klassiker "St. Louis Blues". Bundeskanzler Gerhard Schröder ließ 2005 "Summertime" aus George Gershwins Oper "Porgy and Bess" spielen. Anschließend war Kurt Weills "Moritat von Mackie Messer" aus Bertolt Brechts "Dreigroschenoper" zu hören. Schließlich spielte ein Trompeter Frank Sinatras "My Way" - und rührte Schröder zu Tränen.

[] FREUNDE DES ROCK UND POP: Die Musikauswahl des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wurde nach seinem Rücktritt wegen der Plagiatsaffäre 2011 mit besonderer Spannung verfolgt. Neben zwei Märschen entschied sich der AC/DC-Fan für einen Rock-Klassiker: "Smoke on the Water" von Deep Purple. Für seinen Amtsvorgänger Franz Josef Jung (CDU) erklang 2009 neben Märschen die Melodie von Andrea Bocellis "Time to Say Goodbye".

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