Wulff-Nachfolger David McAllister:Kopie seines Chefs

Von Kollegen schon spöttisch der "ewige Mac" genannt, kommt David McAllister nun wohl endlich zum Zug. Der CDU-Landeschef soll neuer Ministerpräsident in Niedersachsen werden.

Jens Schneider

In der schwarz-gelben Koalition in Hannover spotteten einige Kollegen bereits über den "ewigen Mac": Zwei Jahre lang ist der 39 Jahre alte Jurist David McAllister nun schon Vorsitzender der CDU in Niedersachsen. Als Christian Wulff sich im Frühjahr 2008 vom Landesvorsitz zurückzog, wurde das auch als Signal für einen baldigen Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten angesehen. Wulff wurden so viele Gelüste auf anderes nachgesagt, dass es eher eine Sache von Monaten denn Jahren bis zum Wechsel zu sein schien.

McAllister steht fuer Kandidatur als Ministerpraesident bereit

Jurist mit schottischen Wurzeln: CDU-Landeschef David McAllister gilt als Nachfolger von Christian Wulff im Amt des Ministerpräsidenten. 

(Foto: ag.ddp)

Stattdessen aber zogen erst mal andere an McAllister vorbei. Sein enger Freund Philipp Rösler von der FDP wurde erst Landesminister, dann gleich Bundesgesundheitsminister in Berlin. Und damit zog dann auch der kaum bekannte Liberale Jörg Bode direkt vom Fraktionsvorsitz als Röslers Nachfolger an McAllister vorbei ins Kabinett. "Der David kann nur zuschauen", wussten Landtagskollegen zu berichten, und er sei genervt, schon mehr als sieben Jahre lang ist er jetzt Fraktionschef.

Doch öffentlich zu spüren war davon nichts. McAllister blieb profihaft loyal gegenüber dem Mann, der ihn vor Jahren entdeckt, in die Politik geholt und dann ständig weiter geschoben hat.

Früher ein politischer Raufbold

Jetzt gilt er in Hannover als dessen sicherer Nachfolger: Am Abend sagte Wulff, das "Haus in Niedersachsen ist gut bestellt".

Wulff hat den 1971 in Berlin geborenen Sohn eines Schotten vor acht Jahren zu seinem Generalsekretär gemacht. McAllisters Vater hatte einst in Berlin beim britischen Militär gearbeitet, die deutsche Mutter unterrichtete britische Soldaten in Deutsch. So lernten sich die beiden kennen. Wenn er seine politische Biographie erzählt, beginnt McAllister gern mit Anekdoten und Eindrücken aus seiner Berliner Kindheit. Ganz entsetzt sei er gewesen, dass es die Mauer gab, die bedrückenden Kontrollpunkte, die Unfreiheit dieser Grenze. Als Schuljunge habe er sich dann in einer politischen Debatte in der Grundschule so überzeugt wie ein kleiner Franz Josef Strauß gebärdet, dass der sozialdemokratische Lehrer besorgt die Mutter anrief.

Die Familie zog bald nach Bad Bederkesa im Landkreis Cuxhaven in Niedersachsen, dort machte McAllister sein Abitur. In dem kleinen Ort lebt McAllister, der in Hannover Jura studierte, heute mit seiner Frau Dunja und den beiden Töchtern Jamie Elizabeth und Mia Louise. In jungen Jahren fiel McAllister in der Jungen Union durch große politische Rauflust auf. Wahlkämpfe gestaltete er für sich und seine Weggefährten als heitere Dauerpartys. Politik sollte Spaß machen, und er hatte seinen Spaß.

Nicht steif, nicht bieder

Konservativ zu sein - das bedeutete für "Mac", gerade nicht steif oder gar bieder zu sein. Während Wulff schon in jungen Jahren besonders gesetzt auftrat, lebte McAllister als junger Landtagsabgeordneter in Hannover ein Gegenmodell: Ein unbändiger kleiner Junge schien da im dunklen Anzug zu stecken, der alle Welt mit drolligen Spitznamen bedachte und genüsslich herumalberte, solange das Protokoll nicht die ernsthafte Pose erforderte. Freudig führte er mit spitzen Attacken dröge Konkurrenten wie den SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner im Landtag vor.

Je näher McAllister freilich der Macht kam, desto mehr guckte er sich die smarten, glatten Gesten seines Förderers Wulff ab - und bald klang es, als könnte er einen inneren Wulffomat aktivieren, der unverbindlich staatstragende Statements mild lächelnd wie vorgestanzt vortragen kann. Bloß nicht als extrem auffallen - das wurde nun die Devise. Als einige Jung-Konservative vor drei Jahren in Berlin eine Art Zirkel gründen wollten, Markus Söder und Stefan Mappus darunter, erklärten sie McAllister als einen der ihren. Der aber dementierte rasch, auch Wulff hatte ihm geraten, dass er bei so einer Viererbande besser nicht dabei sein solle.

McAllister will doch auch ein moderner Konservativer sein. Er nannte den britischen Premier David Cameron bereits als Vorbild, als der noch ein junger Oppositionsführer war. So wie jener die einst biederen Tories modernisiert hat, so stellt sich McAllister auch die Zukunft der CDU vor.

Stets im Schatten Wulffs

Immer stand er dabei freilich im Schatten Wulffs, der den politischen Alltag in Niedersachsen zwar zunehmend distanziert betrachtete, aber alle zentralen Fragen, wie etwa die Suche nach Lösungen für Volkswagen, an sich zog. Wulff hat mit seiner Popularität viele Schwächen der schwarz-gelben Koalition in den Hintergrund rücken können, die für seinen Nachfolger nun um so schwierigere Aufgaben auf dem Weg zur Wahl im Winter 2012/13 werden können.

In der Schulpolitik hat die CDU viel Unmut von Eltern auf sich gezogen, der Koalitionspartner FDP zeigt in den Ressorts Wirtschaft und Umwelt wenig Profil. Zu der Frage, wie es mit den Erkundungen für ein Atommülllager in Gorleben weitergehen soll, drückt sich die Union um eine klare Aussage.

Noch bei der letzten Wahl wirkte der Herausforderer Jüttner gegen Wulff wie ein müder Zählkandidat. So leicht wird es, das wissen die Christdemokraten, beim nächsten Mal nicht. Niedersachsen ist traditionell ein sozialdemokratisch geprägtes Land, viele Jahrzehnte haben die Sozialdemokraten in Hannover die Politik dominiert - und nicht zuletzt bundespolitische Größen wie den Kanzler Gerhard Schröder, den Außenminister Frank-Walter Steinmeier und den heutigen SPD-Chef Sigmar Gabriel hervorgebracht. Zuletzt wurde die SPD unter dem glücklosen Parteichef Garrelt Duin von internen Streitereien geplagt.

Jetzt aber haben die Sozialdemokraten gerade mit dem neuen Vorsitzenden Olaf Lies ihre Führung verjüngt, und vor allem Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil wird von Christdemokraten als gefährlicher Konkurrent für Wulffs Nachfolger angesehen. McAllister muss dafür aus der Kronprinzenrolle herauswachsen.

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