Süddeutsche Zeitung

Wulff-Nachfolge:Lammert soll Merkel abgesagt haben

Kanzlerin Merkel wäre eine Entscheidung an diesem Wochenende am liebsten gewesen, doch daraus wird wohl nichts: Bundestagspräsident Norbert Lammert, einer der Favoriten für die Nachfolge Wulffs im Amt des Bundespräsidenten, soll der Kanzlerin abgesagt haben. Auch Verfassungsgerichtspräsident Voßkuhle steht nicht zur Verfügung.

Das Rätselraten, wer der Nachfolger von Christian Wulff als Bundespräsident werden soll, geht weiter. Nach dem erklärten Willen aller Beteiligten soll dieser kein scharf profilierter Parteipolitiker sein und von einer breiten Mehrheit getragen werden.

Spitzenvertreter von Union und FDP, die am Samstag abermals über die Personalie berieten, nannten weiterhin keine Namen. Die Nachrichtenagentur dpa will aus Koalitionskreisen aber erfahren haben, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert und der frühere evangelische Bischof Wolfgang Huber im Rennen seien.

Später verlautete jedoch, dass Lammert nicht zur Verfügung stehe. Die Nachrichtenagentur dapd berichtet, Lammert habe damit nicht nur auf Spekulationen reagiert, sondern sei gefragt worden, ob er zu einer Kandidatur bereit sei. Daraufhin habe Lammert abgesagt. Zuvor hatte bereits der Präsident des Bundesverfassungsgericht, Andreas Voßkuhle, erklärt, dass er für das Amt nicht zur Verfügung stehe.

SPD und Grüne favorisieren den parteilosen früheren Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, sowie den CDU-Politiker und Ex-Umweltminister Klaus Töpfer. Gauck trat 2010 für SPD und Grüne gegen Wulff an und unterlag diesem schließlich im dritten Wahlgang.

Aus Union und FDP gibt es zu Gauck höchst unterschiedliche Signale. Einerseits findet Beachtung, welch hohen Stellenwert er nach wie vor in der Bevölkerung genießt. Zudem ist Gauck eine Persönlichkeit, die politisch dem konservativen Lager eher zuzuordnen ist als dem linken.

Andererseits wird befürchtet, dass eine Nominierung Gaucks als endgültiges Eingeständnis Merkels gewertet werden könnte, mit der ihrem Wunschkandidaten Wulff einen politischen Fehler gemacht zu haben.

Einen amtierenden Minister aus dem Kabinett Merkel wollen nach derzeitigem Stand weder Regierungsseite noch Opposition in der Bundesversammlung zur Wahl stellen. Damit würde eine Bewerbung von Finanzminister Wolfgang Schäuble und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen ausscheiden. Verteidigungsminister Thomas de Maizière war Spekulationen über seine Kandidatur bereits entschieden entgegengetreten.

Kanzlerin Angela Merkel hatte nach Angaben sowohl aus Kreisen der schwarz-gelben Koalitionsparteien als auch von Rot-Grün signalisiert, ihr wäre eine Lösung schon an diesem Wochenende am liebsten. An diesem Samstag wird es allerdings kein Zusammentreffen der Spitzen von CDU, CSU, FDP sowie SPD und Grünen mehr geben. Dieses Treffen wird nun wohl am Sonntagabend stattfinden.

Merkels Wunsch nach einer raschen Einigung steht jedoch offensichtlich das Interesse der Opposition entgegen, ihr nicht allzu schnell aus der Patsche zu helfen. Aus Oppositionskreisen heißt es, Sorgfalt solle vor Schnelligkeit gehen. Die Karnevalstage seien zudem nicht der richtige Zeitpunkt, einen Präsidentschaftsbewerber zu verkünden. Nach SZ-Informationen wollen Koalition und Opposition bis Aschermittwoch einen Kandidaten gefunden haben.

Am Donnerstag findet in Berlin die große Gedenkfeier für die Opfer der rechtsextremistischen Mordserie statt, bei der die Bundestagsparteien Geschlossenheit im Kampf gegen Neonazis demonstrieren wollen. Statt Wulff wird dort Merkel sprechen.

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