Wohnungspolitik:Protest gegen steigende Mieten

13 000 Demonstranten fordern einen radikalen Kurswechsel in der Wohnungspolitik.

Von Susanne Klein

Großdemo gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn

Ein geschminkter Teilnehmer hält seinen Kopf in ein Hai-Modell bei der Demonstration gegen überhöhte Mieten.

(Foto: Carsten Koall/dpa)

"Wohnraum statt Weltraum" oder "Mieter sind keine Zitronen" stand auf den Transparenten, die Demonstranten am Samstag durch Berlin trugen. Rund 14 000 Menschen - die Veranstalter sprachen sogar von 25 000 - nahmen teil an dem Protestmarsch gegen "Mietenwahnsinn" und eine verfehlte Wohnungspolitik. Die Demonstration richtete sich gegen die in der Hauptstadt seit Jahren steigenden Wohnungsmieten, insbesondere der Mietspiegel 2017 hatte einen sprunghaften Anstieg verzeichnet. Laut Polizeiangaben sicherten 400 Beamte den friedlich verlaufenden Protestmarsch von Familien, Studenten und Rentnern, die vom Potsdamer Platz durch Schöneberg bis nach Kreuzberg zogen.

Zu der Meinungskundgebung hatten 254 Initiativen aufgerufen, die für einen Milieuschutz in den Berliner Kiezen eintreten. Sie kritisieren die Vertreibung von Anwohnern, etwa durch Wohnungsverkäufe und Immobilienspekulanten. Das Bündnis "Bezahlbare Mieten Neukölln" berichtete, dass Mieten in dem Stadtteil zwischen 2009 und 2017 um bis zu 143 Prozent gestiegen seien. Die Organisatoren des Protests verlangen einen radikalen Kurswechsel in der Wohnungs- und Mietenpolitik und ein stärkeres Engagement vom Bund.

Parteien und Politiker waren bei der Demonstration nicht erwünscht, dennoch erhielten die Protestierenden von politischer Seite Zuspruch. So forderte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, die Absprachen im Koalitionsvertrag zügig zu realisieren. "Der Bund muss jetzt liefern", so Müller. Als neuer Innenminister hat Seehofer den Bereich Bauen aus dem Umweltministerium in sein Ressort geholt. Er ist somit dafür zuständig, das Koalitionsziel von 1,5 Millionen neuen Sozialwohnungen bis 2021 in die Tat umzusetzen. Der Bund will zwei Milliarden Euro zusätzlich dafür ausgeben. Dem Deutschen Städtetag zufolge wird der jährliche Bedarf von 120 000 Sozialwohnungen in Deutschland derzeit nur zu 20 Prozent gedeckt.

Auch Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) sieht die Bundesregierung in der Pflicht. Im Kampf gegen steigende Mieten seien zu allererst "Umsteuerungen im Mietrecht" notwendig. Einige Maßnahmen hatte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) schon im März angekündigt. Sie will noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf für eine strengere Mietpreisbremse vorlegen. So sollen Vermieter offenlegen müssen, was der Vormieter bezahlt hat. Auch sollen sie weniger Renovierungskosten als bisher auf Mieter umlegen können, damit Menschen nicht mehr aus ihren Wohnung "herausmodernisiert" werden könnten.

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