Wohnungsbau:Den Boden bereiten

Der Bund will Grundstücke verbilligt an Kommunen abgeben. So könnte endlich genug bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Ein Richtungswechsel in der Bodenpolitik ist überfällig.

Von Laura Weissmüller

Es könnte ein Richtungswechsel sein. Der Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) angewiesen, "Wohnungsbau jetzt möglich zu machen", und zwar indem die Bima die bundeseigenen Grundstücke in vereinfachtem Verfahren und vor allem verbilligt, zum Teil sogar umsonst, an Kommunen und Städte abgeben soll, wenn diese dort Sozialwohnungen schaffen. Viel zu viele Jahre war genau das Gegenteil der Fall: Obwohl bezahlbarer Wohnraum längst knapp war, verhielt sich der Bund wie ein Spekulant und ließ seine Grundstücke von der Bima fast ausschließlich nach dem höchsten Gebot verkaufen. Das Finanzministerium, damals eisern geführt von Wolfgang Schäuble (CDU), wachte darüber. Angesichts der explodierenden Bodenpreise konnten da nur noch private Immobilieninvestoren mitbieten. Städtische Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften gingen leer aus. Denn wer statt teurer Eigentumswohnungen dauerhaft bezahlbare Mieten schaffen will, kann keine überhöhten Grundstückspreise zahlen. Das Ergebnis dieser Bodenpolitik sieht man in vielen Neubauvierteln: Es sind tote Quartiere, weil dort nur Häuser für wenige Wohlhabende entstanden.

Scholz hat die Richtlinie der Vergabe geändert, und das war dringend notwendig. Diese Richtlinie erlaubt nun auch, dass die Kommunen die verbilligt erstandenen Grundstücke an Dritte weitergeben dürfen, wenn diese dort bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das ist gut, denn viele Kommunen sind gar nicht in der Lage, selbst zu bauen. Genossenschaften könnten diese Arbeit übernehmen, und zwar vorbildlich, wie Projekte in ganz Deutschland zeigen; aber auch private Bauträger, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, kämen zum Zug.

Womit man bei dem springenden Punkt wäre: Ein Richtungswechsel in der Bodenpolitik ist Scholz' Vorstoß nur, wenn sichergestellt wird, dass auf diesen Grundstücken tatsächlich Wohnungen entstehen, die dauerhaft bezahlbar bleiben. Das klingt simpler, als es ist. Denn Deutschland leistet sich immer noch den marktwirtschaftlichen Irrsinn, geförderte Wohnungen nach einer gewissen Zeit aus ihrer sozialen Bindung fallen zu lassen; nach Ablaufen dieser Frist ist es meist nur eine Frage von Monaten, bis den Bewohnern Mieterhöhungen ins Haus flattern. Das ist die Ursache dafür, dass es hierzulande immer weniger Sozialwohnungen gibt, obwohl jährlich neue gebaut werden. Es gibt keinen logischen Grund, warum Sozialwohnungen nicht - wie etwa in Frankreich - dauerhaft welche bleiben können.

Für einen Richtungswechsel ist aber noch etwas entscheidend: Die Kommunen müssen mit dem Bauland auch gestalterisch verantwortungsvoll umgehen. Der große Mangel an bezahlbarem Wohnraum droht zu verdecken, dass nicht der Bau von Wohnungen allein das Problem in den Städten und auf dem Land lösen wird. Es geht auch darum, wie diese Häuser gestaltet werden: Die Architektur entscheidet, ob sich daraus lebendige Neubauviertel entwickeln oder öde Quartiere. Und das, was gebaut wird, muss dichter werden, damit nicht noch mehr Wiesen sinnlos versiegelt werden in einem Land, in dem täglich 62 Hektar Boden verbaut werden. Wenn der Bund Boden nun verbilligt abgibt, müssen die Kommunen ihn so behandeln, wie er es verdient: als eines ihrer kostbarsten Güter.

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