Bischofstreffen:Er ist noch da

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln) bei einem Gedächtnisgottesdienst für die verstorbenen Mitglieder der

Kardinal Rainer Maria Woelki bei einem Gottesdienst in Fulda. Die Entscheidung über seine Zukunft steht immer noch aus.

(Foto: Peter Back/Imago)

Gerüchte über Kardinal Rainer Maria Woelki bestimmen die Vollversammlung der deutschen katholischen Bischöfe in Fulda. Der kommentiert das in Form einer Predigt.

Von Annette Zoch, Fulda

Acht Minuten sind es zu Fuß, es geht über den großzügigen Domplatz, die Treppen hinauf, die Pauluspromenade entlang. Mehrmals am Tag pilgern viele schwarz gekleidete Männer auf diesen knapp 450 Metern hin und her zwischen dem Stadtschloss Fulda, wo sich die deutschen katholischen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung treffen, und dem Priesterseminar, wo sie essen und schlafen. Manche Bischöfe gehen alleine, andere in Grüppchen. Auch Kölns Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki ist dabei, kaum zu übersehen mit 1,92 Metern Körpergröße.

Dies zu erwähnen ist wichtig, denn zwischenzeitlich muss der Pressesprecher der Bischofskonferenz öffentlich Gerüchte von Woelkis Abreise dementieren. Zuvor hatte die plötzliche und sehr ungewöhnliche Anreise des Kölner Pressesprechers Spekulationen befeuert. Die Entscheidung von Papst Franziskus über die Zukunft von Kardinal Woelki, wegen der missglückten Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum seit Monaten im Krisenmodus, steht immer noch aus. Die Nervosität ist groß.

Doch es kommt keine Nachricht aus Rom, Woelki ist die ganze Zeit da. Und er wirkt nicht verunsichert, eher im Gegenteil. Am vierten und letzten Tag der Herbstvollversammlung feierter morgens die Eucharistie. Woelki predigt über die Begegnung von Jesus mit dem römischen Statthalter Herodes, der allerlei Gerüchte über Jesus gehört habe und ihn vor dessen Kreuzigung "nur aus Sensationslust" sehen wollte. Zu allen Zeiten habe es viele Gerüchte und Spekulationen gegeben, sagt Woelki: "Gestimmt hat zumeist nichts, bestenfalls wenig." Und er fährt fort, wem es nur um "Sensationslust" gehe, der bleibe blind für das Wirken Gottes, der alle Menschen zum Besseren wandeln und zur Gemeinschaft mit Gott führen wolle.

In der Gemeinschaft der Mitbrüder bleiben darf Hamburgs Erzbischof Stefan Heße. Papst Franziskus hat das Rücktrittsangebot des im Missbrauchsgutachten belasteten ehemaligen Kölner Personalchefs nicht angenommen - er habe nicht absichtlich vertuscht, das System sei ja schuld gewesen, außerdem habe er seinen Fehler "in Demut" bekannt, so der Papst. Die Bischöfe haben ihn nun erneut zum Vorsitzenden der Migrationskommission gewählt, am Samstag feiert er seinen ersten öffentlichen Gottesdienst nach der Auszeit vor dem Sankt-Marien-Dom in Hamburg. Das Leben geht weiter.

Nicht so für viele Missbrauchsbetroffene, die bis heute schwer belastet sind. Zurzeit löst das Verfahren zur Zahlung von Anerkennungsleistungen durch die Unabhängige Kommission (UKA) viel Kritik aus. Seit Wochen machen Betroffene darauf aufmerksam, dass das Verfahren unzulänglich sei - dass es zu lange dauere, dass die Kriterien nicht transparent seien, dass Betroffene am Ende viel zu wenig Geld bekommen. Sogar zu Retraumatisierungen bis hin zu neuen Psychiatrieaufenthalten sei es gekommen, schreibt der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz in einem Brief.

Die Bischöfe hätten sich mit den Kritikpunkten ausführlich befasst, sagte Bischofskonferenz-Vorsitzender Georg Bätzing bei der Abschlusspressekonferenz am Donnerstag: "Wir sehen, dass Erwartungen enttäuscht werden und dass dies schmerzlich ist. Das bedauern wir sehr." Im Oktober soll es nun ein Gespräch zwischen der unabhängig arbeitenden UKA, Vertretern des Betroffenenbeirats, der DBK und der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) geben. Grundsätzlich wolle man aber an dem System, das sich an in Deutschland vergleichbaren Gerichtsurteilen orientiert, festhalten. Der UKA habe man aber mitgegeben, dass sich die Leistungshöhe am "oberen Bereich" der Schmerzensgeldtabelle orientieren sollten.

Bei der Aktenführung wurde immer wieder geschlampt. Damit soll nun Schluss sein

Jens Windel von der Betroffeneninitiative Hildesheim ist das zu wenig, er fordert den sofortigen Stopp des bisherigen Anerkennungsverfahrens: "Wenn die sagen, sie gehen jetzt an Stellschrauben ran - dann haben wir frühestens in einem halben Jahr, bei der Frühjahrsvollversammlung, ein Ergebnis", sagt Windel, dessen Initiative einen Infostand gegenüber vom Stadtschloss aufgebaut hat. "Das bedeutet: ein halbes Jahr lang weiter Retraumatisierungen, ein halbes Jahr lang weiteres Leid." Einen Stopp des Verfahrens will Bätzing nicht: "Sonst würden all die bereits eingegangen Anträge weiter liegen bleiben." Stattdessen solle geprüft werden, wie die Dinge verändert werden könnten, die im Verfahren zu "neuen Verletzungen" führen, so Bätzing.

Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch haben die Bischöfe außerdem eine verbesserte Führung von Personalakten beschlossen. Missbrauchsstudien haben gezeigt, wie lückenhaft und schlecht Personalakten in den vergangenen Jahren geführt wurden. Zum 1. Januar soll nun eine Grundordnung in Kraft treten, die in jeder Diözese strikte Vorgaben für die Aktenführung macht. Diese sei am Beamtenrecht orientiert. Damit es in Zukunft keine Geheimschränke mehr gibt.

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