Süddeutsche Zeitung

WM 2006:Klägliche Kläger

Die Schweizer Staatsanwälte weichen einer Aufklärung aus.

Von Thomas Kistner

Es klingt beeindruckend. Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) klagt drei deutsche Macher des "Sommermärchens" 2006 an. Sie wirft ihnen eine betrügerische Millionenzahlung an Robert Louis-Dreyfus vor. Der Sportunternehmer hatte Franz Beckenbauer zehn Millionen Franken Kredit gewährt, dieser leitete das Geld an den Fußballfunktionär Mohamed bin Hammam in Katar weiter. Die Rückzahlung leistete nicht Beckenbauer, das taten die WM-Organisatoren.

Jedoch ist nicht mal sicher, ob das Bundesgericht den Fall annimmt. Es müsste, um der Verjährung zu entgehen, bis April 2020 ein Urteil fällen. Zudem hängt die WM-Causa mit einer Berner Justizaffäre zusammen. Bundesanwalt Michael Lauber bangt um seinen Job, er wurde freigestellt von allen Fußballverfahren. Nun zeigt auch die WM-Anklage, wie unzulänglich seine Behörde gearbeitet hat. Die BA prüfte nie ernsthaft, welchem Zweck die Millionenschieberei diente. Sie pflegt abwegige Vermutungen, obwohl ein fester Verdacht vorliegt: Beckenbauer könnte sich in ein TV-Rechtegeschäft eingekauft haben, das Louis-Dreyfus und bin Hammam damals in aller Stille inszenierten.

Aber so ein Verfahren dauert, es ginge dabei auch um Geldwäsche. Und diesen Verdacht ließ Bern gerade fallen. Offenbar geht es nur darum, die Sache endlich vom Tisch zu haben.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2019
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