Wissenschaftsplattform:Kein Plan beim Klimaschutz

Wissenschaftsplattform: Klimaschutz braucht langfristige Planung - und gerade daran fehlt es bei der Bundesregierung, insbesondere beim Thema Verkehr.

Klimaschutz braucht langfristige Planung - und gerade daran fehlt es bei der Bundesregierung, insbesondere beim Thema Verkehr.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Bundesregierung fehle eine Strategie bis 2045, kritisiert ein Beratergremium . Die Experten fordern unter anderem Sanktionen, wenn ein Ministerium die gesetzlichen Klimaziele reißt.

Von Thomas Hummel

Was folgt daraus, wenn sich ein Bundesministerium nicht an das Klimaschutzgesetz hält? Sanktionen sind bislang nicht vorgesehen, und so habe das Gesetz mit seinen Treibhausgas-Reduktionszielen "lediglich eine Symbolwirkung", schreibt die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) in ihrer am Montag veröffentlichten Stellungnahme "Lücken in der deutschen Klimapolitik - Herausforderungen für eine wirksame Langfriststrategie". Die Wissenschaftler fordern, das Gesetz aufzuheben oder zu ändern, sonst drohten "Vertrauensverluste in die Regierung".

Die acht Mitglieder der Plattform nennen in ihrem Bericht kein Ressort, keine Partei und keinen Namen. Und doch ist klar, wer gemeint ist: das Verkehrsministerium, die FDP, Minister Volker Wissing. Das deutsche Klimaschutzgesetz ist seit drei Jahren in Kraft, in den vergangenen zwei Jahren hat der Verkehr mehr Treibhausgase ausgestoßen als erlaubt. Tendenz steigend. Dennoch verweigert Wissing bislang ein gesetzlich vorgeschriebenes Sofortprogramm, wie sein Sektor die Ziele mittel- und langfristig einhalten kann. Konsequenzen? Keine. Umweltverbände wollen zwar klagen, aber das könne laut WPKS nur das "letzte Mittel" sein, um ein rechtskonformes Verhalten staatlicher Institutionen einzufordern.

Es drohe ein Vertrauensverlust bei den Bürgern

Die Wissenschaftsplattform kontrolliert zusammen mit dem Expertenrat für Klimafragen, ob die Klimapolitik der Bundesregierung auf einem richtig Weg ist. Sie wurde von der vergangenen Regierung eingesetzt, ihre Vorsitzenden sind Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, und Sabine Schlacke, Direktorin des Instituts für Energie-, Umwelt- und Seerecht der Uni Greifswald. Die Plattform richtet den Blick auf langfristige Strategien, wie Deutschland seine Ziele bis zur Klimaneutralität 2045 erreichen kann. Und erkennt hier grundsätzliche Mängel.

So gebe es keine langfristigen strategischen Überlegungen, wie Sektoren wie Verkehr, Gebäude oder Industrie ihre Ziele bis 2045 erreichen wollen, kritisiert Schlacke und fügt hinzu: "Auf dem steinigen Weg in Richtung Klimaneutralität ist Deutschland gerade orientierungslos." Es drohe ein Vertrauensverlust. Schlacke und Kollegen formulierten sechs Bereiche mit Handlungsbedarf. Der Wandel muss sozial gerecht sein. Die Menschen sollten zum Mitmachen angeregt werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Eine vorausblickende Industrie- und Handelspolitik sei nötig, dazu brauche es eine Finanzwirtschaft, die in nachhaltige Projekte investiert. Die Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre muss organisiert und geregelt werden, weil ohne dies die Erderwärmung vermutlich zu weit voranschreitet.

Dazu sei das Klimarecht von zentraler Bedeutung. Denn Investoren etwa in grüne Technologien planten langfristig, länger als eine Legislaturperiode einer Bundesregierung dauert. Das Klimaschutzgesetz sorge hier für Planungssicherheit. Aber nur, wenn man sich als Politiker denn auch dran halten muss.

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