Süddeutsche Zeitung

Wissenschaftliche Beratung:Ban Ki Moon richtet Sachverständigenrat ein

Ob Klimawandel oder Eindämmung von Konflikten auf der Welt - künftig werden sich die Vereinten Nationen in diesen Fragen Beratung aus der Wissenschaft holen.

Von Stefan Braun und Christopher Schrader

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat bei seinem Besuch in Berlin unerwartet deutlich an Deutschland appelliert, sich verstärkt weltweit zu engagieren. Ban sagte nach einem Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier, als UN-Generalsekretär freue er sich sehr über jeden weiteren deutschen Beitrag.

Dabei richtete er den Blick auf Berlins Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel, aber auch auf den Einsatz zur Eindämmung von Konflikten auf der Welt. Er lobte in diesem Zusammenhang besonders Deutschlands Unterstützung für die Syrien-Friedenskonferenz in Genf und betonte zugleich, Deutschland sei gerade auch in diesem Fall ein wichtiger Partner, weil es "großen Einfluss auf andere Parteien" habe.

Große Übereinstimmung in der großen Koalition

Steinmeier seinerseits hob nach dem Treffen die Leistung der UN und ihres Generalsekretärs hervor, dem es gelungen sei, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Mit kleinen Schritten werde so größeren Erfolgen der Weg bereitet. Auf Berlins besondere Rolle zur Lösung des Syrien-Konflikts ging Steinmeier nicht ein.

Ähnlich deutlich wurde Ban nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Hier betonte der Gast aus New York, dass derzeit in Zentralafrika Menschenrechtsverletzungen immer verheerendere Ausmaße annähmen und er nur an die Völkergemeinschaft appellieren könne, nicht zu lange zu warten. Ban lobte in diesem Zusammenhang Überlegungen der EU, sich dort zu engagieren und betonte zugleich, auch wenn er sich mehr Engagement wünsche, liege es am Ende an der Kanzlerin und an der Bundesregierung, über konkrete Einsätze zu entscheiden.

Merkel betonte, dass es in der Regierung große Übereinstimmung in der Frage gebe, dass Deutschland seiner Rolle in der Welt gerecht werden müsse. Sie verwies darauf, dass es insbesondere mit Blick auf Mali Überlegungen gebe, mehr zu tun. Sie vermied es aber, eindeutige Aussagen über das künftige Engagement in Afrika zu treffen. Ban hält sich mehrere Tage in Deutschland auf.

Am Donnerstag war er vor allem nach Berlin gekommen, um an der Seite von Außenminister Steinmeier einen neuen wissenschaftlichen Sachverständigenrat der Vereinten Nationen in sein Amt eingzuführen. Das Gremium soll vor allem bei der Bewältigung des Klimawandels helfen und die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung armer Länder definieren, sagte Ban während eines Festakts. "Wir müssen die Bänder zwischen der Wissenschaft und den Vereinten Nationen stärken, damit die Wissenschaft besser gefördert und benutzt werden kann." Steinmeier betonte, die Mitglieder des Beirats sollten helfen, "die Erkenntnisse der Wissenschaft in realisierbare Politik zu überführen".

Zu dem Beirat gehören 26 Wissenschaftler aus aller Welt. Jeweils fünf kommen aus Europa und Amerika, sechs aus Asien, je vier aus Afrika und dem Nahen Osten, einer aus Russland und eine aus Australien. Frauen und Männer sind in gleicher Anzahl vertreten. Zu der Riege gehören drei Nobelpreisträger: Ada Yonath aus Israel ist genauso wie der Ägypter Ahmed Zewail für chemische Entdeckungen ausgezeichnet worden.

Der Leiter der Weltklimarats IPCC, Rajendra Pachauri, hat 2007 für seine Organisation den Friedensnobelpreis entgegengenommen. Das breite Spektrum der Fachrichtungen im Beirat sei dabei Programm, sagte die Generaldirektorin der Unesco, Irina Bokova, unter deren Schirmherrschaft der Beirat tagt. Es reicht von der Teilchenphysik über Ingenieurdisziplinen und die Medizin bis zur Politikwissenschaft.

Ziel aller Mitglieder ist es, globale Probleme wie Armut und die Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen anzugehen. "Geschichte ist wie der Regenwald", sagte der Historiker Hilary Beckles aus Barbados. "Wenn man nur genau hinschaut, findet man die Antwort auf viele Fragen." Für Deutschland ist der Leiter der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina, Jörg Hacker, in das Gremium berufen worden. "Die Politik muss zunehmend komplexe Entscheidungen treffen, bei denen Wissenschaft eine Rolle spielt", sagt er. "Es ist wichtig, dass auf der Basis besten Wissens entschieden wird."

Dieses Wissen kann sich auch aus dem traditionellen Wissen von Ureinwohnern speisen, betonte Ban Ki Moon. "Traditionelles Wissen ist sehr wichtig für die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und die Anpassung an den Klimawandel", erklärte die philippinische Forscherin Joji Cariño. Am Donnerstag traf Ban Bundespräsident Joachim Gauck. Am Samstag wird er auf der Münchner Sicherheitskonferenz sprechen.

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SZ vom 31.01.2014
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