Süddeutsche Zeitung

Wirtschaftswachstum:Union plant Steuerreförmchen

Weil die Konjunktur unerwartet kräftig wächst, denkt die Union über "überfällige Steuervereinfachungen" mit kleinen Entlastungen nach. Für die von Westerwelle gewünschten Steuersenkungen reicht das Geld wohl nicht.

Wegen des Konjunkturaufschwungs planen CDU und CSU eine baldige Steuervereinfachung. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) habe sich intern offen für ein neues Konzept gezeigt, berichtet die Financial Times Deutschland. Es sehe allerdings nur geringe Entlastungen vor.

Der Katalog soll bereits bekannte Vorschläge der Länderfinanzminister aufnehmen und außerdem noch weitere Maßnahmen umfassen. "Jetzt müssen wir die überfälligen Steuervereinfachungen durchsetzen, weil nun endlich das Geld dafür da ist", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsflügels in der Unions-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten, der Zeitung.

Mindestens drei Prozent Wachstum

"Unsere Vorschläge können innerhalb weniger Monate beschlossen und in Kraft gesetzt werden. Dass es keine großen Steuersenkungen geben wird, haben die Menschen verstanden. Aber unsere Vorschläge zur Steuervereinfachung kosten Bund, Länder und Gemeinden nur etwa 500 Millionen Euro", sagte Stetten, der das Unionskonzept derzeit ausarbeitet.

Bislang geht die Bundesregierung offiziell von einem Wachstum von 1,4 Prozent für 2010 aus. Nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes legte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal mit 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Quartal allerdings so stark zu wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Nach übereinstimmenden Berichten von Spiegel und Welt am Sonntag erwarten die Konjunkturexperten von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nun mindestens drei Prozent Wachstum.

Spielraum für Steuersenkungen

Anders als seine Unionskollegen sieht FDP-Chef Guido Westerwelle angesichts des höheren Wirtschaftswachstums neuen Spielraum für größere Steuersenkungen. "Diese Regierung hat die Entlastung der Mittelschicht im Interesse von Wachstum, Arbeitsplätzen und mehr Leistungsgerechtigkeit unverändert fest im Blick. Wo sich Spielräume dafür ergeben, müssen sie genutzt werden", sagte er der Bild am Sonntag.

Die Euro-Krise habe die Regierung zwar gelehrt, dass zunächst die öffentlichen Haushalte konsolidiert werden müssten, sagte Westerwelle der Rheinischen Post. "Aber das große Ziel einer Steuerreform ist deshalb nicht abgesagt, sondern es bleibt unser Ziel." Vor allem die Bezieher mittlerer Einkommen müssten entlastet werden. "Die kalte Progression und insbesondere den Mittelstandsbauch zu reduzieren, ist ein wichtiges Anliegen dieser Regierung", sagte Westerwelle.

Sparpaket lockern

FDP-Verkehrsexperte Torsten Staffeldt hat an die Bundesregierung appelliert, das Sparpaket zu lockern. "Wenn wir jetzt durch die gute Konjunktur unerwartete Spielräume erhalten, sollten wir das Sparpaket an den Stellen abmildern, an denen das ordnungspolitisch sinnvoll ist", sagte Staffeldt der Rheinischen Post.

Er denke dabei vor allem an diejenigen Maßnahmen im Sparpaket, "die die Wirtschaft zusätzlich belasten". Insbesondere "sollten wir von der Luftverkehrsabgabe absehen oder sie zumindest reduzieren", sagte der FDP-Politiker der Zeitung.

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sueddeutsche.de/AFP/Reuters/juwe/liv
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