Die neuen europäischen Verschuldungsregeln werden den Spardruck auf Deutschland in den kommenden Jahren noch zusätzlich erhöhen. Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) sagte am Mittwoch in Berlin, zwar könnten Bund, Länder und Gemeinden nach den Brüsseler Vorgaben 2025 ein klein wenig mehr ausgeben als bisher geplant. In der Folge bestehe im Staatshaushalt aber erheblicher Konsolidierungsbedarf, der den etwas größeren Spielraum für kommendes Jahr bei Weitem übersteige. Für neue kreditfinanzierte Investitionsprogramme, wie sie etwa die Koalitionspartner SPD und Grüne, aber auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zuletzt gefordert hatten, gebe es entsprechend keinerlei Spielraum. „Im Gegenteil, wir müssen uns eher zusätzlich disziplinieren“, so Toncar.
Die deutsche Schuldenbremse ist schärfer als das EU-Regelwerk – eigentlich
Die EU hatte ihren Stabilitäts- und Wachstumspakt im vergangenen Jahr erheblich überarbeitet, um ihn einerseits praktikabler und flexibler zu machen, zugleich aber dafür zu sorgen, dass die Mitgliedsländer nach Jahren der durch Corona und Ukraine-Hilfen bedingten Mehrausgaben zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehren. Die beiden wichtigsten Kennziffern wurden beibehalten: So müssen die Nationalstaaten ihre Nettokreditaufnahme auf drei und die Gesamtverschuldung auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzen. Vor allem das zweite Kriterium wird von den allermeisten Ländern notorisch missachtet, auch Deutschland liegt mit 64 Prozent über dem Wert, wenn auch nur knapp.
Am vergangenen Freitag teilte die EU-Kommission den Regierungen mit, welche Ausgabengrenzen sie in den kommenden Jahren mit Blick auf die Schuldentragfähigkeit jeweils für vertretbar hält. Gegen sieben EU-Staaten kündigte sie Verfahren an, weil die Defizite zu hoch seien. Deutschland gehört nicht zu den Betroffenen, wohl aber andere EU-Schwergewichte wie Frankreich und Italien.
Dass Deutschland zusätzlichen Konsolidierungsbedarf hat, obwohl die nationale Schuldenbremse eigentlich sehr viel schärfer ist als das EU-Regelwerk, liegt daran, dass die Vorschriften hierzulande Ausnahmen zulassen. So bleiben etwa die Darlehen, die zur Finanzierung des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr aufgenommen werden, bei der Berechnung der nationalen Kreditobergrenze unberücksichtigt – nicht aber bei den Brüsseler Kalkulationen. SPD und Grüne wollen die Schuldenbremse auch 2025 noch einmal aussetzen und verweisen zur Begründung unter anderem auf die umfangreichen deutschen Finanz- und Militärhilfen für die Ukraine. Der BDI fordert zudem ein auf zehn Jahre angelegtes Ausgabenprogramm im Volumen von 400 Milliarden, um den Investitionsstau bei Straßen, Schienen, Schulen sowie Energie- und Digitalnetzen aufzulösen.