Süddeutsche Zeitung

Wirtschaftskrise in den USA:Obamas "harte Wahrheit"

US-Präsident Barack Obama verteidigt seine Wirtschaftspolitik - und geht sein wichtigstes innenpolitisches Ziel an: Die Gesundheitsreform soll durch eine Reichensteuer finanziert werden.

US-Präsident Barack Obama hat seinen Kurs in der Wirtschaftspolitik verteidigt und die Amerikaner auf weiter steigende Arbeitslosenzahlen vorbereitet.

"Ich liebe diese Leute, die geholfen haben, uns in diesen Schlamassel zu bringen, und die jetzt auf einmal sagen: Das ist Obamas Wirtschaft", sagte er im Bundesstaat Michigan, der von der Auto-Absatzkrise besonders stark betroffen ist.

"Die harte Wahrheit ist, dass einige Arbeitsplätze, die in der Autoindustrie und anderswo verloren wurden, nicht zurückkommen", fügt er hinzu. Es sei Zeit, sich auf neue Industrien zu konzentrieren. Obama stellte bei dem Besuch in Michigan ein zwölf Milliarden Dollar teures Programm zur Weiterqualifizierung von Arbeitslosen vor.

Zugleich warnte der US-Präsident vor steigenden Arbeitslosenzahlen. Die Zahl der Menschen ohne Job werde voraussichtlich über mehrere Monate noch zunehmen. Auch wenn sich ein Land wieder dem Aufschwung nähere, sei es typisch, dass der Stellenaufbau dieser Entwicklung hinterherhinke. Die Finanzmärkte hätten sich aber bereits wieder stabilisiert. Die Arbeitslosenquote in den USA war im Mai mit 9,4 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als 25 Jahren gestiegen.

Für sein wichtigstes innenpolitisches Ziel, eine umfassende Gesundheitsreform, hat Barack Obama unterdessen wichtige Hilfe aus dem Repräsentantenhaus bekommen.

Die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Nancy Pelosi, präsentierte eine Gesetzesvorlage, die sie als "Startpunkt und Weg zum Erfolg" bezeichnete. Der Kongress werde die Gesundheitsreform vor der parlamentarischen Sommerpause im August verabschieden. Obama hat sich für diesen Zeitplan starkgemacht.

45 Prozent Spitzensteuersatz

Zur Finanzierung der angestrebten Gesundheitsreform planen die Demokraten im Repräsentantenhaus die Einführung einer Reichensteuer. Wer mehr als eine Million Dollar im Jahr verdient soll demnach 5,4 Prozent zusätzlich an Abgaben entrichten, sagte ein Kongressmitarbeiter. Der Steuersatz für Spitzenverdiener würde damit in den USA auf 45 Prozent klettern.

Auch andere Gutverdiener wollen die Demokraten stärker zur Kasse bitten: Ein Prozent mehr Steuern sollen Paare mit einem Jahreseinkommen von mehr als 350.000 Dollar zahlen, ein Plus von 1,5 Prozent komme auf diejenigen zu, die mehr als eine halbe Million Dollar jährlich verdienen. Eine weitere Anhebung wurde nicht ausgeschlossen.

In zehn Jahren sollen auf diese Weise 544 Milliarden Dollar zusammenkommen. Das würde in etwa die Hälfte dessen decken, was die Reform einer neuen Kongressstudie zufolge voraussichtlich kosten wird: 1,04 Billionen Dollar. Bei den oppositionellen Republikanern, aber auch in seiner eigenen Demokratischen Partei stößt Baracks teures Vorhaben noch auf Skepsis.

Der amerikanische Staat versorgt derzeit mit Bundesprogrammen die Armen, Alten und Behinderten. Die Mehrheit der US-Bürger ist privat versichert, aber fast 50 Millionen Menschen sind ganz ohne Versicherungsschutz.

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