Süddeutsche Zeitung

Wirtschafts- und Finanzpolitik:FDP erwägt, Soli nur von Spitzenverdienern zu fordern

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Von Kristiana Ludwig, Cerstin Gammelin und Mike Szymanski, Berlin

In den Sondierungen über ein mögliches Jamaika-Regierungsbündnis haben CDU, CSU, FDP und die Grünen am Dienstagabend erste Fortschritte erzielt. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Verhandlungskreisen erfuhr, haben sich die Parteien beim Thema Haushalt und Finanzen auf Eckpunkte für Verhandlungen über ein Entlastungspaket verständigt. Demnach wollen die potenziellen Partner am ausgeglichenen Haushalt festhalten. "Die Gesprächspartner sind sich darüber einig, dass die Schuldenbremse des Grundgesetzes eingehalten werden muss", heißt es in einem Papier.

Familien und Bezieher unterer sowie mittlerer Einkommen sollen demnach stärker entlastet werden. Subventionen wollen die Parteien abbauen, besonders jene sollen überprüft werden, die mit Klimaschutzzielen nicht vereinbar seien. Bei möglichen Investitionen wollen sich die Parteien unter anderem auf die Förderung der energetischen Gebäudesanierung konzentrieren und den Bau von Mietwohnungen fördern.

Dem Papier zufolge wollen Union, FDP und Grüne den Solidaritätszuschlag "abbauen". Vor dem Treffen hatte die FDP in der Steuerpolitik Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Wie die SZ erfuhr, erwägt die FDP, den Solidaritätszuschlag nur für untere und mittlere Einkommensgruppen abzuschaffen. Zahler des Spitzensteuersatzes hingegen sollen dadurch nicht entlastet werden. Die Partei präzisiert damit ihren Plan, den Soli-Zuschlag 2019 komplett abzuschaffen mit dem Ziel, die breite Mitte der Gesellschaft zu entlasten. Die Grünen hatten bereits vorab erklärt, sie wollten nur einer Steuerreform zustimmen, die "grundsätzlich zu mehr und nicht zu weniger Gerechtigkeit führe". Die Union will den Soli-Zuschlag schrittweise abschaffen. FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer sagte der SZ: "Priorität für die FDP hat die Entlastung der arbeitenden Mitte." Der mögliche Kompromiss hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet. Parteichef Lindner hatte bereits erklärt, ein Jamaika-Bündnis müsse "nicht jeden entlasten, sondern nur viele", sollte aber niemanden zusätzlich belasten. Über die Zukunft des Soli wird seit Jahren gestritten. Er wurde 1991 befristet eingeführt und vor allem mit den Kosten der deutschen Einheit begründet und beträgt 5,5 Prozent des Steuerbetrags aus Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer.

In den anstehenden Verhandlungen will die FDP auch einen Fokus auf die Gesundheitspolitik legen. Parteivize Marie-Agnes Strack-Zimmermann schlägt vor, Steuergeld direkt in Pflegeeinrichtungen zu stecken, sofern die Heime ausreichend Altenpfleger beschäftigen und sich an Qualitätsstandards halten. "Ohne Steuern ist es nicht machbar, die Pflege in Deutschland zu finanzieren." Zugleich will die FDP Heimbetreibern vorschreiben, eine Mindestzahl von Pflegern pro Bewohner zu beschäftigen. Steuern sollen auch genutzt werden, um die Beiträge der Bürger zur Krankenversicherung zu deckeln und das deutsche Gesundheitssystem mitzutragen.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2017
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