Winzer:Ein Hoch auf diesen Jahrgang

Winzer: Peter Rudloff ist Weinbergsmeister im Juliusspital Würzburg. Mit 180 Hektar Anbaufläche ist es das zweitgrößte Weingut Deutschlands.

Peter Rudloff ist Weinbergsmeister im Juliusspital Würzburg. Mit 180 Hektar Anbaufläche ist es das zweitgrößte Weingut Deutschlands.

(Foto: SZ)

Das Wetter bereitet Winzern mehr Arbeit als sonst. Doch am Ende könnte 2018 ein Spitzenwein herauskommen.

Von Claudia Henzler

Zumindest für Liebhaber heimischen Weins könnte sich die trockene Hitze der vergangenen Monate auszahlen. Denn durch die fast mediterranen Bedingungen reifen an den Rebstöcken besonders aromatische Trauben mit hohem Zuckergehalt heran. In vielen Teilen Deutschlands rechnen die Winzer mit einem Spitzenjahrgang. Die Entwicklung der Trauben sei deutlich weiter als sonst üblich, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. "Wir sind sogar noch früher dran als im Supersommer 2003." Noch gibt er sich jedoch zurückhaltend: "Es kann noch einiges passieren", sagt Büscher.

Unproblematisch ist das andauernde Hoch für die Winzer jedenfalls nicht. Auf dem Würzburger Stein etwa, Frankens berühmtesten Weinberg, hat Peter Rudloff viel zu tun, um die Reben zu pflegen. Er ist Weinbergsmeister des Juliusspitals Würzburg, mit 180 Hektar Anbaufläche das zweitgrößte Weingut Deutschlands. Das Juliusspital hat sich früh entschieden, in diesem Jahr den Ertrag runterzufahren, weshalb die Mitarbeiter die Zahl der Trauben an jedem Rebstock stärker reduziert haben als sonst. So verbrauchen die Pflanzen weniger Wasser. "Man muss die Stöcke so belasten, wie sie Trauben tragen können", sagt Rudloff. Schon im Frühjahr ließ er Triebe wegschneiden, später komplette Fruchtstände entfernen - der Fachmann unterscheidet zwischen den einzelnen Weinbeeren, die umgangssprachlich Trauben genannt werden, und der großen Traube, die diese Beeren ergeben. Zuletzt ließ Rudloff besonders große Trauben durchschneiden, damit die übrig gebliebenen Früchte optimal versorgt werden. Jetzt hängen an manchem Rebstock nur noch zehn Trauben, an anderen nur fünf. Am Ende soll durch diese individuelle Pflege eine homogene Qualität entstehen.

Rudloff ist mehr als zufrieden mit seinen Rebstöcken. Die obersten Blätter zeigen nach oben, es sind keine Anzeichen für den sogenannten Trockenstress zu sehen. Neben der Rebstockpflege ist das einem intensiven Bodenmanagement des Weinbergsmeisters zu verdanken. Rund um die Stämme hat er die trockene Erde aufgebrochen, damit der wenige Niederschlag möglichst ungehindert in die Tiefe dringen kann. Zwischen den Rebstöcken sollen Grünstreifen aus Pflanzen wie dem Alexandrinerklee dafür sorgen, dass sich das Bodenluftvolumen und damit die Speicherkapazität erhöht.

All das erfordert viel Aufwand: Etwa 500 bis 600 Stunden Arbeit werden vom Juliusspital in jeden Hektar gesteckt, schätzt Weingutsleiter Horst Kolesch. Und damit ist nur der Anbau gemeint, die Weinlese kommt noch dazu. Nicht jeder kann sich diesen Aufwand auf Dauer leisten.

"Das kann ich am Würzburger Stein machen", sagt Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau, "aber wir haben auch ganz normale Qualitätsweine. Wenn wir da sehr geringe Erträge haben, dann wird das irgendwann unwirtschaftlich." Kleinere Winzer könnten das ein oder andere ertragsschwache Jahr ausgleichen, danach müssten andere Lösungen her, weshalb nach Heßdörfers Ansicht das Thema Bewässerung für die Weinbauern immer wichtiger werde. Je nach Alter der Rebstöcke und Bodenbeschaffenheit ist das Problem unterschiedlich drängend. "Die jüngeren Rebstöcke leiden jetzt schon an der Trockenheit und müssen bewässert werden", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut.

Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau beschäftigt sich intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau und dem Umgang mit Wasserknappheit. Denn der diesjährige Trockensommer verstärkt nur eine Entwicklung, die bundesweit seit mehr als zwanzig Jahren beobachtet wird und die Franken besonders trifft, weil vor allem diese Region unter Wassermangel leidet. Das Problem ist so groß, dass der Bayerische Landtag sich bereits vor Jahrzehnten dazu entschlossen hat, viel Geld auszugeben, um Wasser aus dem regenreicheren Südbayern im Main-Donau-Kanal über die europäische Wasserscheide zu pumpen. So werden nordbayerische Flüsse gespeist.

Trotzdem bleibt Wasser in Unterfranken ein rares Gut. Viele Winzer wissen nicht, wo sie es hernehmen sollen. Die Landesanstalt bereitet deshalb gemeinsam mit dem Weinbauernverband ein großes Bewässerungsprojekt vor: Man will einen Speichersee bauen, der im Winter mit Wasser aus dem Main gefüllt wird, um es in Trockensommern an bis zu 200 Hektar Weinhänge rund um das fränkische Städtchen Iphofen abgeben zu können. Noch ist nichts beschlossen, doch sollte das gut 13 Millionen Euro teure Projekt verwirklich werden, könnte es eine Blaupause für andere Anbaugebiete sein.

Schon jetzt hat der Klimawandel Auswirkungen gezeigt: Die Weinbauern pflanzen sonnenbedürftige Reben inzwischen auch an kühleren Stellen. "Es findet eine Verlagerung in höhere Lagen statt", beobachtet Büscher. Die fränkischen Winzer setzen außerdem stärker auf die Rebsorte Silvaner, die mit dem Klima gut zurechtkommt, und ersetzen damit frühreife Sorten wie den Müller-Thurgau. Das Deutsche Weininstitut kann aber insgesamt noch keinen großen Wechsel bei der Rebsortenauswahl beobachten - schon gar keinen Boom mediterraner Rotweinsorten.

Es könnte sein, dass die deutschen Winzer schon Ende August mit der Weinlese beginnen. Bis dahin bleiben noch ein paar spannende Wochen, in denen das Wetter entscheidet, ob 2018 tatsächlich ein Spitzenjahrgang wird.

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