Winnenden:9.33 Uhr

Zehnter Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden

„Zum zehnten Mal stehen wir am Jahrestag zusammen, erinnern und spenden uns gemeinsam Trost“, sagte der Oberbürgermeister von Winnenden, Hartmut Holzwarth (CDU)

(Foto: dpa)

Zehn Jahre nach dem Amoklauf hält die Kleinstadt in Baden-Württemberg inne. Die Debatte über das deutsche Waffenrecht hingegen geht weiter.

Zehn Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden haben die Menschen in der Kleinstadt in Baden-Württemberg der Opfer gedacht. Im Beisein von Landesinnenminister Thomas Strobl und Kultusministerin Susanne Eisenmann (beide CDU) fand am Montag eine öffentliche Gedenkfeier statt, bei der auch die Namen der 15 Opfer verlesen wurden. Um 09.33 Uhr, dem Zeitpunkt des ersten Notrufs, läuteten die Kirchenglocken. Der 17-jährige Tim K. war am 11. März 2009 mit der Pistole seines Vaters in seine ehemalige Schule gestürmt und hatte dort neun Jugendliche und drei Lehrerinnen erschossen. Auf seiner Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst erschoss.

Am Montagmorgen versammelten sich die Menschen in Winnenden an einer Gedenkstätte im Stadtgarten. In dem Mahnmal "Gebrochener Ring" erinnerten 15 weiße Rosen an die Opfer. In Winnenden rückten die Menschen am Jahrestag des Amoklaufs "besonders eng" zusammen, sagte Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth bei der Gedenkfeier. Sie spendeten sich gemeinsam Trost. Er erinnerte aber auch an die Opfer von Gewalt weltweit: "Wir fühlen heute mit allen Menschen in jedem Land, in der ganzen Welt, die von einem Amoklauf, von Terror oder Krieg betroffen sind - wir sind nicht allein in Winnenden mit Trauer und Erinnerung."

Eine Konsequenz aus dem Amoklauf waren Änderungen im Waffenrecht - doch die Regelungen bleiben umstritten. Das Gesetz wurde in den vergangenen Jahren immer wieder geändert. Eine umfangreiche Gesetzesnovelle gab es nach dem Amoklauf von Erfurt im April 2002, bei dem ein 19-Jähriger 16 Menschen und anschließend sich selbst getötet hatte. Seither müssen etwa unter 25-Jährige, die erstmals eine Waffe legal besitzen wollen, ein ärztliches oder psychologisches Attest zu ihrer "geistigen Eignung" vorlegen. Nach Winnenden wurde die Altersgrenze für das Sportschießen mit Großkaliberwaffen von 14 auf 18 Jahre angehoben. Auch die Kontrollen zur Waffenaufbewahrung in Privatwohnungen wurden verschärft.

Immer wieder für Diskussionen sorgen die Rechte für Sportschützen. Anfang 2013 blieb eine Verfassungsbeschwerde von Hinterbliebenen von Winnenden gegen das Waffengesetz erfolglos. Sie hatten eine Verletzung ihres Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit beklagt, weil das Waffengesetz tödliche Schusswaffen für den Schießsport erlaube beziehungsweise deren Gebrauch nicht ausreichend einschränke. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klagen nicht zur Entscheidung an, weil dem Gesetzgeber ein "weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum" zukomme. Doch die Kritik an den Rechten der Sportschützen reißt nicht ab. Für ein komplettes Verbot scharfer Waffen für den Schießsport setzt sich weiterhin die nach dem Amoklauf von Winnenden gegründete Initiative "Keine Mordwaffen als Sportwaffen" ein. Deren Sprecher Roman Grafe nennt die Änderungen im Waffenrecht in den vergangenen Jahren "billige Beruhigungsmittel". Menschen könnten in Deutschland als Sportschützen immer noch problemlos an scharfe Waffen kommen. Der Deutsche Schützenbund (DSB) wiederum wehrt sich gegen weitere Einschränkungen. Im Februar erklärte der Verband zur geplanten Umsetzung einer EU-Feuerwaffenrichtlinie, das deutsche Waffenrecht gelte bereits "als eines der schärfsten weltweit".

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