Die Bundesregierung will Verwaltungsgerichtsverfahren gegen wichtige Infrastrukturprojekte wie Windkraftanlagen, Stromtrassen oder Flüssiggas-Terminals deutlich beschleunigen und vereinfachen. Das ist Ziel eines Gesetzentwurfs aus dem Haus von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der nun zwischen den Ressorts abgestimmt wird und über den zuerst die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet hatte.
Der Entwurf für ein "Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich" ist Teil der Bemühungen der Ampelkoalition, Planungsverfahren zu beschleunigen. Im Koalitionsvertrag hatte sich die Koalition vorgenommen, in ihrem ersten Jahr die nötigen Entscheidungen zu treffen, um bei großen und besonders bedeutsamen Infrastrukturmaßnahmen mit hoher politischer Priorität die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren.
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Der Bundeskanzler will auch denjenigen helfen, die nicht von einer Steuerreform profitieren, weil sie zu wenig verdienen. Er kündigt an, das Wohngeld "dramatisch" auszuweiten.
Buschmann schlägt ein Bündel von Maßnahmen vor. So sollen künftig für zentrale Projekte in erster Instanz bereits die Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe zuständig sein, für manche Vorhaben wie Flüssiggasterminals oder Projekte nach dem Energiesicherungsgesetz gleich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Zudem sollen die Gerichte den Prozessbeteiligten deutlich kürzere Fristen als bisher setzen können, in denen sie prozessrelevante Unterlagen beibringen müssen. Sofern diese Fristen nicht eingehalten werden, muss das Gericht entsprechende Dokumente im weiteren Prozessverlauf nicht berücksichtigen.
Der Gesetzentwurf bezieht sich laut der Begründung auf den Ausbau der erneuerbaren Energien einschließlich des Ausbaus der Stromnetze, aber auch auf den erforderlichen Ausbau und die Erneuerung der "verkehrlichen Infrastruktur". Darunter fallen also auch Bundesstraßen, Autobahnen, Bundeswasserstraßen und Schienennetze sowie Flughäfen.
Verfahren sollen bevorzugt werden
An den Oberverwaltungsgerichten sollen zudem spezialisierte Kammern eingerichtet werden; am Bundesverwaltungsgericht befasst sich jetzt schon vor allem der 9. Senat mit entsprechenden Klagen. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, zusätzliche Senate dort einzurichten. Auch sollen Verfahren zu Infrastrukturprojekten bei den Gerichten bevorzugt behandelt werden, und bereits zwei Monate nach Eingang der Klage soll der erste Termin anberaumt werden.
Änderungen sind auch bei den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgesehen. Bislang hat dieser aufschiebende Wirkung, das heißt, Verwaltungsentscheidungen wie die Genehmigungen für ein Projekt können oft nicht umgesetzt werden, bis das Gericht im Hauptsacheverfahren eine Entscheidung getroffen hat. Dieser Grundsatz soll nun durchbrochen werden, etwa wenn es sich lediglich um Formfehler handelt, die offensichtlich geheilt werden können. Der Gesetzentwurf muss nach der noch ausstehenden Beteiligung der Länder und Verbände noch vom Kabinett und vom Bundestag beschlossen werden.