Süddeutsche Zeitung

"Willkürliche Inhaftierung":Assange sieht sich durch UN-Entscheidung bestätigt

  • Julian Assange sieht sich durch die Entscheidung einer UN-Arbeitsgruppe rehabilitiert.
  • Seine grundlose Festsetzung in der ecuadorianischen Botschaft in London sei durch das Gremium "als ungesetzlich eingestuft" worden.
  • Dem Wikileaks-Gründer und seiner Anwältin zufolge müssen Schweden und Großbritannien nun schnell Assanges "Bewegungsfreiheit sicherstellen".

Assange: Die Entscheidung ist rechtlich bindend

Julian Assange zeigt sich erleichtert über die Entscheidung eines UN-Gremiums zu seinem Fall. Dieses hatte den jahrelangen Aufenthalt des Wikileaks-Gründers in der ecuadorianischen Botschaft in London als "willkürliche Inhaftierung" bewertet.

"Heute ist diese grundlose Festsetzung als ungesetzlich eingestuft worden", sagte ein sichtlich bewegter Assange, dessen Erklärung aus der ecuadorianischen Botschaft per Videoschalte in die Pressekonferenz seine rAnwälte übertragen wurde. Er betrachte das Ergebnis der Untersuchung als eine "Rehabilitierung".

Entgegen der tatsächlichen Sachlage betonte Assange, das Gutachten sei "rechtlich bindend". Das UN-Gremium stehe über dem nationalen Recht, sagte er. Dessen Entscheidungen seien wichtiger als Verträge zwischen einzelnen Staaten. Assange verwahrte sich gegen eine Äußerung des britischen Außenministers Philip Hammond, wonach dessen Entscheidung "lächerlich" sei.

Die Regierungen Schwedens und Großbritanniens hätten zwei Wochen lang Zeit gehabt, die Einschätzung der UN-Experten anzufechten, sagte Assange. Sie hätten das nicht getan. Somit sei seine Angelegenheit nun rechtlich geklärt. Assange sieht nun Schweden und Großbritannien in der Pflicht, auf die Bewertung des Gremiums angemessen zu reagieren.

Anwältin: "Julian ist Opfer eines Fehlverhaltens der Justiz"

Auch Melinda Taylor, Anwältin Assanges, betonte, dass Stockholm und London nun in der Pflicht stünden. "Sie haben die Pflicht, seine Bewegungsfreiheit sicherzustellen und zwar schnell", sagte sie bei der Pressekonferenz.

Die Entscheidung des UN-Gremiums habe bestätigt dass "Julian das Opfer eines Fehlverhaltens der Justiz" sei, sagte Taylor. Bei der Frage der "willkürlichen Inhaftierung" gehe es eben "nicht um Gitterstäbe und Zement und Ziegelsteine", sondern darum, dass Assange tatsächlich seiner Freiheit beraubt worden sei.

Die UN-Arbeitsgruppe habe festgestellt, dass in mehreren Bereichen gegen Assanges Rechte verstoßen worden sei. Ihm sei unter anderem die Möglichkeit verwehrt worden, zu seinem Fall zu sprechen. Die Länge seiner De-facto-Haft stünde im Missverhältnis zur Unschuldsvermutung. Er habe in der Botschaft keine adäquate medizinische Versorgung erhalten.

UN-Rechtsexperten: Assange hat Anspruch auf Entschädigung

Das UN-Gremium hatte den quasi Zwangsaufenthalt Assanges in der ecuadorianischen Botschaft in London als eine Art Freiheitsberaubung und "willkürlichen Inhaftierung" eingestuft. Der Wikileaks-Gründer müsse sich frei bewegen dürfen und zudem für seine "Haft" von Großbritannien und Schweden entschädigt werden, teilte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen in Genf mit.

Großbritannien und Schweden wiesen die Schlussfolgerungen zurück. Assange habe sich "freiwillig" dazu entschieden, in der Botschaft zu bleiben", hießt es aus dem schwedischen Außenministerium. Der britische Außenminister Hammond warf Assange vor, sich in der Botschaft zu verstecken. Das UN-Gremium bezeichnet er als "Gruppe von Laien".

Assanges Situation

Der 44 Jahre alte Australier Assange lebt seit dreieinhalb Jahren in der ecuadorianischen Botschaft. Er hatte sich dorthin geflüchtet, um der Vollstreckung eines Haftbefehls gegen ihn und der Auslieferun an Schweden zu entgehen. Wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs in Schweden liegt ein europäischer Haftbefehl gegen ihn vor.

Der Whistleblower Assange befürchtet, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden. Er war maßgeblich an der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente auf der Plattform Wikileaks beteiligt, weshalb ihm in den USA möglicherweise lebenslange Haft droht.

Die schwedische Regierung versicherte erneut, dass Assange nicht riskiere, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden. Es liege auch kein entsprechendes Gesuch der Amerikaner vor.

Assange hatte am Donnerstag angekündigt, er wolle die Botschaft verlassen, wenn seine Position nicht von den UN-Experten unterstützt werde. Unklar blieb, ob ihm zu diesem Zeitpunkt bereits die Richtung des Gutachtens bekannt war.

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