Wikileaks: Pakistan:Botschaften aus dem Pulverfass

Sorgenkind Pakistan: Wikileaks-Enthüllungen zeigen, welche Gefahren in dem Land lauern, wie die USA Einfluss auf die Atommacht nehmen - und dass Präsident Zardari Angst vor dem eigenen Militär hat.

Die pakistanische Militärführung hat offenbar Putschpläne gegen Präsident Asif Ali Zardari erwogen. Laut einer Depesche sagte Armeechef Ashfaq Kayani im März 2009 dem US-Botschafter in Islamabad, dass er Zardari zum Rücktritt drängen könnte.

Wikileaks: Pakistan: Angst vor dem eigenen Militär: Die USA fürchten die Schwäche von Pakistans Präsident Zardari.

Angst vor dem eigenen Militär: Die USA fürchten die Schwäche von Pakistans Präsident Zardari.

(Foto: AFP)

Dem pakistanischen Präsidenten ist die Bedrohung offenbar bekannt. Dies geht aus einer anderen, von der New York Times zitierten Nachricht von US-Vizepräsident Joe Biden hervor. Demnach sagte ihm Zardari im vergangenen Jahr, dass der pakistanische Geheimdienst "ihn aus dem Weg räumen" wolle.

Die Quellen gehören zu etwa 250.000 vertraulichen oder geheimen Korrespondenzen von US-Diplomaten, die die Internetplattform Wikileaks veröffentlicht und vorab an verschiedene Medien zur Auswertung weitergegeben hat. Der britische Guardian und Spiegel Online ziehen den Schluss, dass die Sorge in den USA angsichts der labilen Regierung in Pakistan größer ist als bislang bekannt

Dass es Spannungen zwischen Präsident Zardari und dem Militär gibt, ist in Pakistan kein Geheimnis. Immer wieder gibt es Gerüchte über Putschpläne. Zardaris Äußerungen bestätigen aber eindrucksvoll die einflussreiche Rolle des Militärs in der Atommacht Pakistan.

Und sie werfen neue Fragen über die Stärke und Effektivität der zivilen Regierung auf. Die New York Times berichtet auch von Zweifeln der US-Regierung daran, ob die pakistanische Führung tatsächlich bereit ist, gegen islamische Extremisten im eigenen Land vorzugehen - trotz der Milliarden Dollar an militärischen und zivilen US-Hilfen.

Pakistans Bund mit den Taliban

Im Hinblick auf die Atomwaffen seien die größte Sorge der USA aber nicht militante Islamisten, die eine komplette Atomwaffe stehlen könnten, schrieb die US-Botschafterin in Islamabad, Anne Patterson, laut Guardian Anfang 2009 nach Washington, sondern "dass jemand, der in den Anlagen der pakistanischen Regierung arbeitet, nach und nach genug Material rausschmuggelt, um dann irgendwann eine Waffe zu bauen".

Wie Spiegel Online berichtet, zeige auch ein Schriftwechsel der US-Diplomaten von 2008 zur bevorstehenden Freilassung des umstrittenen pakistanischen Atomwissenschaftlers Abdul Qadeer Khan, wie schwer es Washington falle, Einfluss auf den Verbündeten zu nehmen.

Khan, der auch als "Vater der islamischen Atombombe" bekannt ist, hatte zugegeben, seine Kenntnisse auch an Libyen, Nordkorea und Iran weitergegeben zu haben. 2004 war er auf Druck der USA unter Hausarrest gestellt worden.

"Machen Sie deutlich, dass Washington die Freilassung von A. Q. Khan äußerst missbilligt, drängen Sie die Regierung von Pakistan, ihn weiterhin unter Hausarrest zu halten", zitiert die Internetausgabe des Nachrichtenmagazins aus einer Depesche der damaligen US- Außenministerin Condoleezza Rice an Botschafterin Patterson in Islamabad.

Als ein Gericht im Februar 2009 Khans Hausarrest mit sofortiger Wirkung aufhob, habe die Nachricht Präsident Zardari völlig unvorbereitet getroffen, berichtete Patterson laut Spiegel Online nach Washington. Sie habe sich erbost über die "beständige Koordinationslosigkeit" der Regierung in Islamabad geäußert. Auf ihren Protest hin garantieren ihr aber Zardari und sein Innenminister, "eine Rechtsgrundlage für Khans weiteren Arrest zu schaffen".

Nach Ansicht Pattersons wird Pakistan auch niemals komplett mit den Taliban in Afghanistan brechen, so die New York Times. Durch die Kontakte zu den Islamisten wolle man sich in Islamabad den Einfluss in dem Nachbarland auch für die Zeit nach dem Abzug der internationalen Truppen und mit Blick auf den Erzrivalen Indien sichern.

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