Wiederbelebung im Landtag:"Was ich getan habe, finde ich ganz normal"

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Serdar Yüksel, 45, ist Abgeordneter der SPD im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Bis 2010 war er Pfleger in der Intensivmedizin, danach hat er Pflegewissenschaften und Gesundheitsmanagement studiert. (Foto: dpa)

Ein AfD-Mitarbeiter bricht im Düsseldorfer Landtag zusammen. Zusammen mit einer FDP-Abgeordneten rettet ihm der Sozialdemokrat Serdar Yüksel das Leben.

Interview von Susanne Klein

SZ: Herr Yüksel, Sie haben am Mittwochnachmittag im nordrhein-westfälischen Landtag einem Mitarbeiter der AfD das Leben gerettet - kann man das so sagen?

Serdar Yüksel: Das kann man definitiv so sagen. Er ist nach zwei Stunden im Gesundheitsausschuss aufgestanden, drei, vier Schritte gegangen und zusammengebrochen. Ich bin reflexartig hin, er hat nicht mehr geatmet, keinen Puls mehr gehabt, da habe ich sofort mit der Herzdruckmassage angefangen. Susanne Schneider von der FDP hat die Mund-zu-Nase-Beatmung gemacht. 35 Mal Herzdruck, zwei Mal beatmen, das war unser Rhythmus. Nach fünf Minuten hat er den ersten Puls gehabt, aber der Kreislauf ist gleich wieder zusammengebrochen. Wir haben weitergemacht, bis nach zwölf Minuten der Notarzt kam, da war der Kollege schon wieder ansprechbar.

Das klingt sehr professionell. Woher können Sie das?

Ich war 15 Jahre lang Fachpfleger auf einer Intensivstation in Gelsenkirchen. Da ist man natürlich Experte für lebensbedrohliche Situationen. Ich habe viele Menschen reanimiert, wahrscheinlich Hunderte.

Haben Sie in all diesen Situationen jemals daran gedacht, wen Sie gerade retten?

Nein, das geschieht immer ohne Ansehen der Person. Der Mensch steht im Vordergrund. Ich habe das auch diesmal aus meiner Pflichterfüllung heraus und sehr gerne gemacht. Anderen Menschen zu helfen, ist, glaube ich, die wichtigste menschliche Tugend, die man haben muss. Da darf es keine Rolle spielen, welcher Partei jemand angehört.

Welche Reaktionen haben Sie auf Ihren Einsatz am Mittwoch bekommen?

Von der AfD haben sich etliche bei mir bedankt. Den Kollegen, der zusammengebrochen ist, sehe ich am Freitag. Da besuche ich ihn im Krankenhaus. Ansonsten haben mir allein bis Donnerstagmittag mehr als 200 Menschen geschrieben. Da war oft von heldenhafter Tat die Rede, aber das sehe ich überhaupt nicht so.

Ich möchte an die Menschen im Krankenhaus erinnern, über die nicht gesprochen wird. Die tagtäglich Leben retten, Kranke behandeln, unter schwierigen Umständen. Das sind die wahren Helden. Was ich getan habe, finde ich ganz normal. Wenn das Selbstverständliche nicht mehr selbstverständlich ist, dann leben wir tatsächlich in komischen Zeiten.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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