Süddeutsche Zeitung

Wiederannäherung von CSU und CDU:"Was Annegret sagt, ist genau richtig"

  • In einer gemeinsamen Pressekonferenz umschmeicheln Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder einander in einer Weise, wie man es zwischen Chefs von CDU und CSU schon lange nicht mehr erlebt hat.
  • Eine früher übliche Telefonkonferenz der Parteispitzen wird wiederbelebt.
  • Die beiden Parteivorsitzenden skizzieren, was ihnen in den kommenden Monaten wichtig ist. Und Söder verlangt, dass die Union sich mit zwei Parteien besonders auseinandersetzen müsse.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es ist noch gar nicht so lange her, da hätten sie am Eingang der CDU-Zentrale am liebsten ein Schild "Markus Söder, bitte draußen bleiben" aufgestellt. Im Streit um die Flüchtlingspolitik galt der Franke nicht zu Unrecht als einer der härtesten Kritiker der Kanzlerin. Umso erstaunlicher war der Auftritt, den man jetzt im Konrad-Adenauer-Haus erleben konnte.

Am Dienstag kam der neue CSU-Chef nach Berlin, um der neuen CDU-Vorsitzenden seine Aufwartung zu machen. Markus Söder und Annegret Kramp-Karrenbauer wollten "über ihre Agenda und die Prioritäten von CDU und CSU im Jahr 2019" reden, hatten die beiden Parteien vorher mitgeteilt. Eine Stunde lang sprachen die Vorsitzenden miteinander. Dann traten sie gemeinsam vor die Presse und umschmeichelten sich in einer Weise, wie man es zwischen Vorsitzenden von CDU und CSU lange nicht mehr erlebt hat.

"Lieber Markus", mit diesen Worten begann Kramp-Karrenbauer die Pressekonferenz - und setzte damit gleich den Ton. Dann verkündete sie, dass es am Vortag "historischerweise" gelungen sei, die früher übliche Telefonverbindung zwischen den engeren Führungszirkeln der beiden Parteien wieder aufleben zu lassen. Seit 2016 hatte es diese Telefonkonferenz wegen des Streits nicht mehr gegeben - was einmal mehr dokumentiert, wie tief der Riss gewesen ist.

Kramp-Karrenbauer sagte, ihr Gespräch mit Söder sei sehr gut gewesen, demnächst werde sie zu einem zweiten Vier-Augen-Gespräch mit ihm nach München fahren. Sie freue sich schon, dann die CSU-Zentrale genauer anschauen zu können.

Söder wiederum lobte ein ums andere Mal die Ausführungen Kramp-Karrenbauers ("Was Annegret sagt, ist genau richtig"). Und er pries die neue Parteichefin dafür, "dass die CDU ihre konservative Seele wiederentdeckt" habe und dass die Partei jetzt föderaler auftrete. Da könne man erkennen, dass die Saarländerin früher Ministerpräsidentin gewesen sei. Nach dem Streit der vergangenen Jahre beginne nun "eine neue Phase" der Zusammenarbeit von CDU und CSU, sagte Söder. Die Gemeinsamkeit werde die Union wieder stärker machen.

Und so war es kein Wunder, dass gegen Ende der Pressekonferenz ein Journalist Söder fragte, ob die CSU jetzt Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt tragen wolle. Das war dann aber sogar Söder zu viel. Nach einem Blick auf die Statur der deutlich kleineren CDU-Chefin sagte er, "also tragen", das würde er schon schaffen. Aber es sei jetzt nicht angemessen, darüber zu diskutieren.

Es gebe eine CDU-Vorsitzende, die ihre Arbeit sehr stark und mit großer Akzeptanz mache. Und es sei das natürliche Recht der Chefs von CDU und CSU, einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin vorzuschlagen, allerdings "dann, wenn die richtige Zeit dafür ist". Dieser Zeitpunkt sei aber noch nicht da. Kramp-Karrenbauer mache eine "sehr gute Arbeit", aber man möge ihr und ihm doch bitte die Chance geben, "noch ein Stück zuzulegen und zu wachsen". Manche Setzlinge, die man in den beiden Parteien gerade auf den Weg bringe, würden nicht schneller wachsen, "wenn man jetzt daran zieht".

Söder: Grüne sind "keine Heiligen"

Zuvor hatten die beiden Parteichefs skizziert, was ihnen in den kommenden Monaten wichtig ist. CDU und CSU wollen sich verstärkt um die Wirtschafts- und die Sicherheitspolitik kümmern. Dazu soll auch das Werkstattgespräch zur Asylpolitik dienen, zu dem Kramp-Karrenbauer für Mitte Februar geladen hat. An ihm wird für die CSU jetzt auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann teilnehmen.

Söder verlangte, dass die Union sich mit zwei Parteien besonders auseinandersetzen müsse. Das sei zum einen die AfD. Denn die bestehe nicht aus "unglücklichen, einsamen Konservativen" oder aus "unterdrückten Wirtschaftsliberalen", sondern sei in weiten Teilen ein Fall für den Verfassungsschutz.

Man müsse aber auch die Grünen stellen, denn die seien "keine Heiligen". Söder beklagte, Deutschland sei das einzige Land, das sowohl aus der Atomenergie als auch aus der Kohle aussteige, ohne genau zu wissen, wie es die Versorgungssicherheit gewährleisten könne. Es sei auch in diesem Bereich an der Union, einen Ausgleich zwischen den umweltpolitischen und den ökonomischen Interessen zu finden, sagte Kramp-Karrenbauer.

Knapp vier Stunden später traten Söder und Kramp-Karrenbauer dann übrigens gleich noch einmal gemeinsam auf. Vor der Sitzung der Unionsfraktion ließen sie sich zusammen mit Angela Merkel, Fraktionschef Ralph Brinkhaus, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber fotografieren. CDU und CSU, soviel war am Ende dieses Tages klar, versuchen derzeit alles, um den Eindruck von Geschlossenheit zu vermitteln.

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SZ vom 30.01.2019/gal
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