Süddeutsche Zeitung

Wieczorek-Zeul kritisiert Giesecke & Devrient:"Geld für die Schlägertrupps des Diktators"

Das Geld für Mugabes Regime in Simbabwe stammt aus den Pressen einer Münchner Firma. Berlin protestiert scharf gegen dieses Geschäft.

Judith Raupp

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat das Münchner Unternehmen Giesecke & Devrient am Freitag scharf kritisiert. Sie bezeichnete es als "schrecklich", dass der Geldnotenkonzern Simbabwe beliefere. Dies stabilisiere das Regime von Robert Mugabe.

Die Ministerin hat den Vorstand in einem Brief aufgefordert, dieses Geschäft sofort einzustellen. Zuverlässige Quellen berichten, dass auch das Auswärtige Amt seinen Ärger geäußert habe. Eine Sprecherin der Behörde sagte dazu: "Wir sind bezüglich Giesecke & Devrient mit mehreren Stellen im Gespräch."

Das Unternehmen gibt keine Details zu dem Geschäft bekannt. "Fragen zu Kundenbeziehungen kommentieren wir nicht", erklärte eine Konzernsprecherin. Allerdings liegt der Süddeutschen Zeitung die Kopie einer Rechnung vor, die zeigt, dass Giesecke & Devrient die Druckerei Fidelity Printers & Refiners in Harare mit Geldnotenpapier beliefert. Fidelity gehört zur simbabwischen Zentralbank und bedruckt das Papier nach Bedarf. Die Pressen laufen ständig, weil die Inflation auf mehrere hunderttausend Prozent gestiegen ist.

Am Freitag haben Vertreter einiger Menschenrechtsgruppen am Hauptsitz von Giesecke & Devrient in München einen Brief abgegeben, in dem sie den Stopp der Lieferungen nach Simbabwe fordern. Mugabe bezahle mit laufend neu gedrucktem Geld seine Schlägertrupps.

Die Sprecherin von Giesecke & Devrient sagte, das Unternehmen halte sich an die Vorgaben der für internationale Handelsbeziehungen zuständigen Organisationen. Es verlasse sich bei der politischen und moralischen Bewertung auf die UN, die EU und die Bundesregierung. Die Sprecherin bestätigte den Eingang des Briefes von Wieczorek-Zeul. Sollte die Regierung die Ansicht der Ministerin übernehmen, müsse die Situation "neu bewertet" werden. Bisher habe Berlin keinen Lieferstopp gefordert.

Ein Regierungssprecher sagte: "In der Sache steht die gesamte Bundesregierung hinter Frau Wieczorek-Zeul." Die Regierung könne aber einem privaten Unternehmen politische Weisungen nicht erteilen, weil es keine allgemeinen Wirtschaftssanktionen gegen Simbabwe gebe. Deshalb bleibe nur die Möglichkeit zu appellieren: "Giesecke & Devrient muss sich fragen, ob das Unternehmen dazu beitragen will, ein undemokratisches und diktatorisches Regime wie das von Robert Mugabe zu stabilisieren."

Uneinigkeit unter Menschenrechtlern

Die EU und die USA haben nur Beschränkungen für Reisen und Finanzgeschäfte gegen Mugabe selbst und gegen seine Regierungsmitglieder erlassen. Großbritannien will diese auf Familienmitglieder der Betroffenen ausdehnen. Menschenrechtler sind uneinig, ob ein Lieferstopp für Banknoten mehr dem Schreckensregime schaden oder eher die Bevölkerung treffen würde. Nicht alle haben daher den Brief an Giesecke & Devrient unterzeichnet.

Der Umfang des Simbabwe-Geschäfts ist für den Konzern wohl von geringer Bedeutung. Für eine Lieferung, die Fidelity im März bezahlen musste, hat Giesecke 540.144 Euro berechnet. Der gesamte Konzernumsatz betrug im vergangenen Jahr 1,55 Milliarden Euro, der Gewinn 96,1 Millionen Euro. Allerdings steht im Geschäftsbericht: "In afrikanischen Ländern war unser Geschäftsbereich Banknote besonders erfolgreich." Giesecke & Devrient produziert Banknoten, Chipkarten und Reisedokumente und ist weltweit mit 8919 Mitarbeitern tätig.

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SZ vom 28.6.2008/beu
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