Whistleblower:Informanten sollen geschützt werden

Das EU-Parlament dringt auf ein Gesetz, das wichtigen Hinweisgebern mehr Sicherheit garantiert. Es geht um den Arbeitsplatz, um Freiheit, und manchmal ums Leben.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Das EU-Parlament will Informanten, die mit ihren Hinweisen Enthüllungen wie Lux Leaks oder Panama Papers an die Öffentlichkeit brachten, künftig europaweit schützen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Dienstag dafür, dass die EU-Kommission bis Ende des Jahres einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen soll. "Whistleblower spielen eine bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft", sagte die zuständige sozialdemokratische Berichterstatterin Virginie Rozière. "Viel zu oft riskieren sie ihren Arbeitsplatz, ihre Freiheit und manchmal sogar ihr Leben." Der Mord an der investigativen Journalistin Daphne Caruana Galizia in Malta habe das in aller Schrecklichkeit gezeigt.

Um Whistleblowern einen umfassenden Schutz zu gewähren, dringt das Europaparlament darauf, den Begriff "Hinweisgeber" möglichst breit zu fassen. So sollen nicht nur Angestellte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, sondern auch Selbständige geschützt werden. Unternehmen sollen dafür sorgen, dass Mitarbeiter innerhalb ihrer Organisation vertrauliche Informationen melden können - und zwar auch anonym. Die Parlamentarier wollen so verhindern, dass Informanten mögliche Repressalien ihrer Arbeitgeber zu befürchten haben. Hinweisgeber würden ansonsten "in ihrem Handeln gehemmt", heißt es in dem verabschiedeten Bericht, da sie mit Ausgrenzung, einem Karriereknick oder gar mit Entlassung und Mobbing rechnen müssten.

Die Abgeordneten schlagen vor, dass der Schutz von Whistleblowern in jedem internationalen Steuerabkommen enthalten sein soll. Es widerspreche "dem gesunden Menschenverstand, dass Bürger und Journalisten nicht rechtlich geschützt sind, sondern strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie Informationen im öffentlichen Interesse offenlegen". Die EU-Kommission soll geeignete Instrumente entwickeln, die Informanten vor grundloser Strafverfolgung und wirtschaftlichen Sanktionen schützen. Eine Möglichkeit wäre aus Sicht der Parlamentarier ein europäischer Fonds, der aus Einnahmen von Bußgeld finanziert wird, um Whistleblowern in der EU eine "angemessene finanzielle Unterstützung zu gewähren". Die Abgeordneten halten es außerdem für "unbedingt erforderlich, Hinweisgebern ihre Unterbringung und ihre Sicherheit in einem Mitgliedstaat zu garantieren, der kein Auslieferungsabkommen mit dem Land hat, das etwaige Machenschaften begangen hat".

Die rechtspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Sylvia-Yvonne Kaufmann (SPD), kritisierte den Widerstand der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) gegen den Whistleblower-Bericht: "Dass die Abgeordneten von CDU und CSU den Schutz von vermeintlichen Geschäftsgeheimnissen über das öffentliche Interesse stellen, lässt tief blicken."

Anlässlich des Mordes an der Journalistin Daphne Caruana Galizia war am Dienstagabend eine Plenumsdebatte über die Presse- und Meinungsfreiheit in Malta angesetzt. "Wir fordern eine gründliche Untersuchung durch die Europäische Kommission", sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold, "wenn die Rechtsstaatlichkeit auf dem Spiel steht, muss Europa handeln."

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