Wettbewerb:Informationen aus erster Hand

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Das Bundesgesundheitsministerium betreibt ein Portal im Internet und kooperiert dabei mit Google. Ein privater Anbieter sieht sich dadurch benachteiligt und wirtschaftlich geschädigt. Über seine Klage entscheidet nun das Landgericht München.

Von Stephan Handel, München

Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im November 2020 eine Zusammenarbeit seines Gesundheitsportals gesund.bund.de mit der Suchmaschine Google bekanntgab, da war die Begeisterung nicht ganz gleichmäßig verteilt: Während der für Europa zuständige Google-Vizepräsident Philipp Justus sich erfreut zeigte, hagelte es Kritik vor allem von kommerziellen Gesundheitsportalen, aber auch vom Zeitungsverleger-Verband.

Nun wird die Rechtmäßigkeit der Zusammenarbeit vor Gericht überprüft: Das Portal NetDoktor.de hat beim Landgericht München I zwei Einstweilige Verfügungen gegen die Bundesrepublik Deutschland und Google beantragt, weil es sich durch die Kooperation diskriminiert sieht.

Wer bei Google nach Informationen zu einer von mittlerweile rund 160 Krankheiten sucht, erhält neben der üblichen Ergebnisliste eine sogenannte Info-Box, ein "Knowledge Panel", mit Informationen von gesund.bund.de sowie einem direkten Link dorthin. Zu diesem Zweck stellt das BMG eine sogenannte offene Schnittstelle zur Verfügung, über die Google, aber auch andere Suchmaschinen auf die Inhalte des Portals zugreifen können. Die Seite gesund.bund.de ist werbefrei und wird aus Steuergeldern finanziert.

Das Portal NetDoktor. de, das zum Burda-Konzern gehört, sieht sich durch dieses Angebot diskriminiert und wirtschaftlich geschädigt: Während es seit Jahren in die Verbesserung seines Angebotes investiert und sich dadurch ein gutes Google-Ranking erarbeitet habe, verschaffe sich das BMG einen wettbewerbswidrigen Vorteil durch die Kooperation mit Google. Die Befürchtung: Durch die prominente Anzeige der Infoboxen würden Klicks auf gesund.bund.de umgeleitet.

Gibt es überhaupt eine Vereinbarung mit Google?

In der Verhandlung vor dem Landgericht stritten die Parteien vor allem darum, welcher Art die Informationen von gesund.bund.de denn seien: amtliche, also quasi hoheitliche Mitteilungen des Staates? Oder presseähnlich aufbereitete Gesundheitsartikel, wodurch das Portal nicht nur in Konkurrenz zu kommerziellen Angeboten gerate, sondern gegen den Grundsatz von der Staatsferne der Presse verstoßen könnte?

Die Anwälte des BMG bestritten, dass es überhaupt eine Vereinbarung mit Google gebe - der Suchmaschinen-Riese habe nur mitgeteilt, welche Software-Modifikationen vorgenommen werden müssten, damit die Texte vom Algorithmus erfasst würden. Dem stehen jedoch die Statements von Minister Spahn und Google-Vize Justus auf der Pressekonferenz im November entgegen - dort war sehr viel von Zusammenarbeit und Kooperation die Rede.

Die Anträge von NetDoktor.de stützen sich auf die Vorschriften des Kartell- und des Wettbewerbsrechts. Hier wird das Gericht entscheiden müssen, ob das Ministerium mit seinem Portal in den privatwirtschaftlichen Wettbewerb eingreift, ob es handelt wie ein Unternehmer. Die Vorsitzende Richterin Gesa Lutz wollte in der Verhandlung keine Tendenz erkennen lassen, sagte aber schon, die Exklusivität des Zusammenwirkens von Ministerium und Google betreffend: "Da bleibt ein Störgefühl."

Die Anwältin von NetDoktor.de berichtete, dass jetzt schon deutliche Einbußen bei den Klicks und damit bei den Werbeeinnahmen zu verzeichnen seien: "Da steckt viel journalistisches Herzblut drin. Und dann wird der Wettbewerb zerstört." Der Staat mache sich zum Handlanger von Google. Zudem sei die Behauptung "haltlos", die Informationen auf gesund.bund.de seien von höherer Qualität als die anderer Portale. Zudem würden sich vielleicht nicht grundlegende medizinische Erkenntnisse, aber eventuell politische Prioritäten ändern: "So entsteht eine trügerische Scheinklarheit."

Das Gericht traf am Mittwoch noch keine Entscheidung. Eine solche will es am 5. Februar verkünden.

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