Krieg in NahostIsrael räumt Beschuss von Diplomaten in Westjordanland ein

Das Auswärtige Amt verurteilt die Schüsse auf die Delegation scharf, zu der auch ein Deutscher gehörte. Die internationalen Diplomaten waren in Dschenin unterwegs, um die humanitäre Lage zu begutachten.

Alle Entwicklungen im Liveblog

Dieser Liveblog ist archiviert und wird nicht mehr aktualisiert. Die aktuelle Berichterstattung finden Sie auf unserer Themenseite zum Krieg in Nahost.

Wichtige Updates
Israel greift weiter in Libanon an - ein Toter 
Unicef warnt vor toten Kindern durch Mangelernährung in Gaza 
Israel: Haben iranische Atombombe um Jahre verzögert
Palästinenser: Wieder Dutzende Tote nahe Gaza-Hilfszentren
Israel: Müssen uns auf längeren Einsatz im Krieg mit Iran einstellen
Juri Auel
Juri Auel

Israel greift iranische Atomanlage Isfahan an

Israel und Iran haben sich in der Nacht erneut gegenseitig angegriffen. So teilte die israelische Luftwaffe mit, man habe mit einer Serie an Attacken gegen Raketenlager und Abschusseinrichtungen im Landesinneren Irans begonnen. Kurz zuvor hatte Iran seinerseits Israel mit Raketen angegriffen, die jedoch anscheinend abgefangen werden konnten. Es gab zunächst keine Berichte über Einschläge in Israel. Die Bevölkerung könne die Schutzräume wieder verlassen, teilte das Militär mit.

Die israelische Armee flog nach eigenen Angaben auch Angriffe auf eine Atom-Einrichtung in der iranischen Stadt Isfahan. Ziel der Angriffe seien die Fertigungsanlagen für Uran-Zentrifugen in der Anlage gewesen, teilte ein Militärrepräsentant mit. Bereits am ersten Tag der israelischen Offensive im Iran wurde die Nuklearindustrie in Isfahan angegriffen. Die jüngsten Angriffe sollten der Anlage weiteren Schaden zufügen, hieß es.

Nach Angaben des iranischen staatlichen Rundfunks unter Berufung auf einen Sicherheitsbeamten seien infolge des Angriffs in Isfahan keine schädlichen Stoffe ausgetreten. Der Beamte rief die Bevölkerung auf, sich von der Anlage fernzuhalten. Neben dem Angriff auf Isfahan habe es auch Angriffe auf andere Gebiete in Zentraliran gegeben. Es wurden keine Todesopfer gemeldet.

Mehrere wichtige Bestandteile des iranischen Atomprogramms sind in Isfahan angesiedelt. Nach Angaben des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, wurden bislang vier Gebäude beschädigt. Darunter waren ein Chemielabor, eine Anlage zur Bearbeitung von Uran-Erz, eine Fabrik zur Herstellung von Reaktor-Brennstoff sowie ebenfalls eine im Bau befindliche Anlage zur Herstellung von Uranmetall. 
Julia Bergmann
Julia Bergmann

Irans Außenminister zu Gipfel in Istanbul eingetroffen 

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi ist in Istanbul eingetroffen, um an einer Sitzung des Außenministerrats der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) teilzunehmen. Das der iranischen Regierung nahestehende Webportal „Iran Nuances“ zeigte Bilder seiner Ankunft in der türkischen Metropole.

Auf Vorschlag Irans würden bei dem Treffen insbesondere die israelischen Angriffe auf Iran im Mittelpunkt stehen, sagte Araghtschi. Er werde am Rande des Gipfels auch Gespräche mit offiziellen Repräsentanten führen, sagte er dem Portal zufolge ohne genauere Details zu nennen.

Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu werden zu dem zweitägigen Gipfel hunderte Teilnehmer erwartet. Darunter seien 43 Minister und auch einige stellvertretende Minister. Unter den Teilnehmern seien auch hochrangiger Vertreter internationaler Organisationen, wie den Vereinten Nationen oder der Arabischen Liga.
Julia Bergmann
Julia Bergmann

Israel greift weiter in Libanon an - ein Toter 

Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben am Freitag erneut einen Terroristen der vom Iran unterstützten Hisbollah in Libanon getötet. Der Angriff sei in der Nähe von Baraschit im Süden des Landes erfolgt. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA meldete kurz vor Mitternacht, dass eine Person auf einem Motorrad getroffen worden sei. Das Gesundheitsministerium in Beirut bestätigte, dass eine Person bei einem Drohnenangriff bei Baraschit getötet worden sei. Weitere Details zu dem Opfer wurden nicht genannt. Die Hisbollah äußert sich seit Längerem nicht mehr Opferangaben aus ihren eigenen Reihen.

Das israelische Militär gab an, dass die Marine darüber hinaus eine militärische Infrastruktur der Hisbollah im Süden des Landes angegriffen zu haben. Es soll sich um eine Stellung der Elite-Einheit der Schiitenmiliz gehandelt haben. Eigentlich gilt seit Ende November eine Waffenruhe zwischen Israel und der vom Iran unterstützen Hisbollah. Beide Seiten werfen sich Verstöße vor. Die israelische Luftwaffe greift nahezu täglich weiter in Libanon an. Dabei kommt es immer wieder zu Toten und Verletzten.
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Unicef warnt vor toten Kindern durch Mangelernährung in Gaza 

Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird nach Angaben von Unicef immer dramatischer. Vor allem Kinder seien durch Mangelernährung und unhygienische Zustände gefährdet. Allein im Mai hätten 5119 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren in dem durch 20 Monate Krieg weitgehend zerstörten Küstenstreifen wegen akuter Mangelernährung behandelt werden müssen, teilte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen mit. Dies sei ein Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zum Vormonat. 

 636 Kleinkinder litten sogar unter schwerer akuter Mangelernährung – der schlimmsten Form der Mangelernährung. Sie benötigten dringend lebensrettende Hilfe, doch sauberes Wasser, medizinische Versorgung und Behandlungsmöglichkeiten seien im Gazastreifen kaum noch verfügbar, klagt Unicef. „In nur 150 Tagen – vom Jahresbeginn bis Ende Mai – wurden 16736 Kinder im Gazastreifen aufgrund von Unterernährung behandelt. Das sind durchschnittlich 112 Kinder pro Tag“, sagte Edouard Beigbeder, Unicef-Regionaldirektor im Nahen Osten und Nordafrika. 
Juri Auel
Juri Auel

Israel: Haben iranische Atombombe um Jahre verzögert

Israel schätzt, dass seine Angriffe in Iran die Entwicklung einer Atombombe durch die Islamische Republik um Jahre verzögert haben. „Ich glaube, laut den Einschätzungen, die wir hören, haben wir die Möglichkeit für sie, eine Atombombe zu erlangen, bereits um mindestens zwei oder drei Jahre verzögert“, sagte der israelische Außenminister Gideon Saar in einem Bild-Interview. „Die Tatsache, dass wir jene Personen ausgeschaltet haben, die die Bewaffnung des Nuklearprogramms geleitet und vorangetrieben haben, ist äußert wichtig im Hinblick auf die Ergebnisse“, fügte der Außenminister hinzu.

„Wir haben also bereits viel erreicht. Aber wir werden tun, was auch immer wir können. Wir werden nicht aufhören, bis wir alles getan haben, was möglich ist, um diese Bedrohung zu beseitigen“, sagte Saar. In einem anderen Interview mit dem japanischen Fernsehsender NHK sagte er: „Wir werden nicht zulassen, dass Iran wie Nordkorea wird. Iran hat versucht, den Weg Nordkoreas einzuschlagen, weil er glaubt, dass die Sicherheit seines Regimes durch Atomwaffen gewährleistet wird. Aber wir werden das in Iran nicht zulassen“.

Auf die Frage von NHK, ob Israel bereit sei, eine diplomatische Lösung im Konflikt mit Iran zu akzeptieren, sagte Saar: „Persönlich glaube ich nicht, dass Iran eine (diplomatische) Lösung anstrebt. Iran versucht, die internationale Gemeinschaft zu täuschen“. Die Führung in Teheran behaupte, sie sei nicht zu Verhandlungen bereit, solange die Angriffe andauerten. Aber auch vor den Angriffen habe es keine Fortschritte bei Verhandlungen gegeben. 
Juri Auel
Juri Auel

Merkel: Israel muss sich wehren können 

Altkanzlerin Angela Merkel steht im Nahost-Konflikt zum Selbstverteidigungsrecht Israels. „Wenn die einen erklären dürfen, sie wollen den Staat Israel auslöschen, muss der Staat Israel sich dagegen wehren können“, sagte Merkel der Neuen Osnabrücker Zeitung. Angesichts mancher Zweifel an der Vereinbarkeit des israelischen Vorgehens mit dem Völkerrecht betonte die CDU-Politikerin: „Wenn die Existenz eines Landes von der Hamas oder vom Iran infrage gestellt wird, ist das ja völkerrechtlich nicht so ganz einfach zu beantworten.“

Völlig eindeutig sei hingegen die Lage im Ukraine-Krieg. „Evident völkerrechtswidrig ist der Überfall Russlands auf die Ukraine. Die Ukraine hat Russland nie bedroht und wurde trotzdem angegriffen“, betonte Merkel.

Die frühere Kanzlerin äußerte sich in dem Interview auch zu anderen Themen, darunter Klimageld, Künstliche Intelligenz und eine mögliche Bundespräsidentin. Nach der Veröffentlichung ihrer Biografie im vergangenen Herbst meldete sich Merkel – eigentlich unüblich für frühere Regierungschefs – häufig zu Wort, unter anderem auch kritisch zu einem Unionsantrag zur Migrationspolitik im Bundestag, der, wie sie sagte, „sehenden Auges“ nur mit den Stimmen der AfD beschlossen wurde. 
Juri Auel
Juri Auel

Iran: Trumps Aussagen vielleicht nur Ablenkungsmanöver 

Nach Ansicht des iranischen Außenministers Abbas Araghtschi könnte die von US-Präsident Donald Trump in Aussicht gestellte Frist von zwei Wochen für diplomatische Bemühungen zur Lösung des Atomstreits nur ein Vorwand sein. Die USA müssten ihre Entschlossenheit zeigen, eine Verhandlungslösung zu finden, „oder sie haben etwas anderes vor und sie wollen Iran sowieso angreifen“, sagte er in einem Interview des US-Senders NBC News. „Vielleicht hatten sie diesen Plan und brauchten die Verhandlungen vielleicht nur, um es zu vertuschen.“ Iran könne den USA nicht mehr vertrauen, sagte Araghtschi.

Das Interview wurde NBC News zufolge am Freitag nach den mehrstündigen Gesprächen des iranischen Außenministers mit seinen Amtskollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien in Genf geführt. Die Europäer wollen sich weiter um eine diplomatische Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm bemühen. Auch Teheran will die Gespräche nach eigenem Bekunden fortführen.

Am Donnerstag hatte Trump zu verstehen gegeben, dass er den diplomatischen Bemühungen noch etwas Zeit geben und innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Entscheidung über eine mögliche Beteiligung der USA an Israels Krieg gegen Iran treffen wolle. Am Freitag fügte er hinzu, „zwei Wochen sind das Maximum“.
Juri Auel
Juri Auel

EU-Papier sieht Anzeichen für Menschenrechtsverletzungen Israels 

Der diplomatische Dienst der Europäischen Union sieht Anzeichen dafür, dass Israel seine Menschenrechtsverpflichtungen verletzt hat, die es im Rahmen eines Abkommens mit der EU eingegangen ist. Das geht aus einem Dokument des Dienstes hervor, das die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag einsehen konnte. Unter Berufung auf Einschätzungen unabhängiger internationaler Institutionen heißt es darin, es gebe Anzeichen dafür, dass Israel gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen gemäß Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel verstoße. Der Bericht kommt nach Monaten zunehmender Sorgen verschiedener EU-Länder über Israels Vorgehen im Gazastreifen und die humanitäre Lage dort.

In einem Assoziierungsabkommen aus dem Jahr 2000 haben sich Israel und die EU darauf verständigt, dass ihre Beziehungen „auf der Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze beruhen“ sollen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte im Mai angekündigt, dass die EU untersuchen werde, ob Israel die Bedingungen des Abkommens einhält. Zuvor hatten mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedsländer seine solche Überprüfung befürwortet.

Der Bericht enthält einen Abschnitt über die Lage im Gazastreifen, in dem es um die Verweigerung humanitärer Hilfe, Angriffe mit einer hohen Zahl von Opfern, Angriffe auf Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen, Vertreibung und mangelnde Rechenschaftspflicht geht. Der Bericht befasst sich auch mit der Lage im Westjordanland, einschließlich der Gewalt durch Siedler. In dem Dokument heißt es, man stütze sich auf "Fakten, die von unabhängigen internationalen Institutionen überprüft und bewertet wurden".

Israel hat in der Vergangenheit erklärt, dass es das Völkerrecht respektiere und dass das Vorgehen im Gazastreifen notwendig sei, um die radikal-islamische Hamas zu zerstören. Aus dem Umfeld der Regierung hieß es am Freitag, der EU-Bericht sei einseitig und ein Beispiel für die Doppelmoral der Europäischen Union gegenüber Israel.

Die EU-Außenminister werden am Montag bei einem Treffen in Brüssel über die Überprüfung diskutieren. Die Mitgliedsländer sind in ihrer Haltung gegenüber Israel weiterhin gespalten. Einige Länder könnten sich dafür aussprechen, auf der Grundlage der Überprüfung Maßnahmen zu ergreifen. Es werden aber keine konkreten Entscheidungen am Montag erwartet. Diplomaten gehen davon aus, dass sich EU-Beamte mit dem Ergebnis der Überprüfung an Israel wenden werden, Bei einem Treffen der Außenminister im Juli wird das Thema dann mutmaßlich erneut aufgegriffen. 
Dimitri Taube

Palästinenser: Wieder Dutzende Tote nahe Gaza-Hilfszentren

Das israelische Militär hat nach palästinensischen Angaben erneut Dutzende Palästinenser in der Nähe von Verteilzentren für humanitäre Hilfe im Gazastreifen getötet. Im Zentrum des Gebiets seien 23 Menschen ums Leben gekommen, die dort auf Hilfsgüter der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) gewartet hätten, hieß es aus medizinischen Kreisen des Küstengebiets. Palästinensische Angaben dazu, wie genau die Menschen getötet wurden, gab es bisher keine.

Zudem sollen laut medizinischen Kreisen mindestens elf Menschen durch israelischen Beschuss in der Nähe einer GHF-Verteilstelle in Rafah im Süden des Gazastreifens getötet worden sein. Auch sie hätten auf Lebensmittel gewartet.

Israels Armee teilte auf Anfrage zu dem Vorfall im Zentrum des Gazastreifens mit, in der Nacht habe sich dort eine Gruppe in der Nähe von israelischen Soldaten versammelt. „Einer ersten Untersuchung zufolge witterten die Truppen eine Bedrohung und gaben Warnschüsse ab. Trotz wiederholter Warnungen und Warnschüsse rückten mehrere Verdächtige weiter auf die Truppen zu“, hieß es in einer Mitteilung. Ein Fluggerät habe die Verdächtigen daraufhin angegriffen und getötet. Der Vorfall werde derzeit geprüft, so die Armee. Zu dem zweiten Vorfall sagte die israelische Armee, dieser sei ihr nicht bekannt.

Die Angaben beider Seiten lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Dimitri Taube

Israel: Müssen uns auf längeren Einsatz im Krieg mit Iran einstellen

Israels Generalstabschef Ejal Zamir erwartet nach eigenen Angaben kein baldiges Ende des Krieges mit Iran. „Wir müssen uns auf einen länger dauernden Einsatz einstellen“, sagte er in einer Videoansprache. Israel habe sich jahrelang auf diese Offensive vorbereitet und sie nun begonnen, da „operative und strategische Bedingungen“ zusammengetroffen seien, sagte Zamir, ohne Details dazu zu nennen. „Eine weitere Verzögerung hätte das Risiko bedeutet, diese Bedingungen zu verlieren und in einen künftigen Einsatz mit einem klaren Nachteil zu gehen.“
Wir haben den komplexesten Einsatz unserer Geschichte begonnen
Israels Generalstabschef Ejal Zamir
Israel hatte vergangenen Freitag damit begonnen, Ziele in Iran anzugreifen. Die Islamische Republik habe zu dem Zeitpunkt rund 2500 Boden-Boden-Raketen gehabt, so der israelische Stabschef weiter. „Schätzungen zufolge hätte sie innerhalb von zwei Jahren rund 8000 Raketen gehabt.“ Die Angaben ließen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.

Irans „Plan zur Vernichtung des Staates Israel“ habe zudem in den vergangenen Monaten einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gegeben habe, sagte der israelische Militärchef.

Erklärtes Kriegsziel der Atommacht Israel ist es, Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen bestreitet seit Jahren, den Bau von Atomwaffen anzustreben. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und viele westliche Staaten sind jedoch besorgt, dass Teheran immer näher an den Punkt rückt, solche Waffen herstellen zu können. Denn Iran produziert als einziger kernwaffenfreier Staat Uran mit beinahe waffentauglichem Reinheitsgrad. 
Sina-Maria Schweikle
Sina-Maria Schweikle

Treffen der Europäer mit Iran in Genf beendet – Wadephul hält weitere Gespräche für sinnvoll

Nach einem dreistündigen Gespräch traten die Außenminister in Genf vor die Presse. Johann Wadephul sprach von „ernsthaften Gesprächen“, die er und seine britischen und französischen Kollegen mit dem iranischen Ressortchef Abbas Araghchi geführt hätten. Es sei der Eindruck entstanden, so Wadephul, „dass die iranische Seite grundsätzlich bereit ist, über alle Fragen weiter zu sprechen“. 

Araghchi selbst äußerte sich ähnlich positiv: Sein Land sei bereit, weiter auf Diplomatie zu setzen. Ein erneutes Treffen in naher Zukunft sei möglich. Die Diskussionen seien ernsthaft und von Respekt geprägt gewesen.

Ob nun konkrete diplomatische Kanäle entstehen, bleibt vorerst offen. Während US-Präsident Trump sich selbst eine Frist von zwei Wochen gesetzt hat, um über ein mögliches militärisches Eingreifen zu entscheiden, bleibt Europas Spielraum begrenzt – doch der Versuch, den Dialog nicht völlig abreißen zu lassen, könnte sich in einer zunehmend unübersichtlichen Lage als wichtiger Anker erweisen.

Wadephul erhielt für seine diplomatischen Bemühungen Rückendeckung von Bundeskanzler Friedrich Merz, der am Tag vor den Verhandlungen auf der Plattform X erklärte, er unterstütze „die intensiven Bemühungen, die Bundesaußenminister Johann Wadephul und seine Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien gegenüber dem Iran unternehmen“. Damit wollte der Kanzler offenbar dem Eindruck entgegenwirken, es gebe einen Dissens zwischen ihm und seinem Außenminister in der Haltung zum Nahostkrieg. Stattdessen hob er mit seiner Nachricht die gemeinsamen Anstrengungen hervor.

Auch aus der Koalition erhält der Außenminister Unterstützung. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetovic, begrüßte „ausdrücklich die Verhandlungsbereitschaft des Außenministers Wadephul in Genf“ und betonte: „Oberstes Ziel muss weiterhin für uns, Deutschland und die EU sein, dass dieser Israel-Iran-Krieg zügig beendet wird“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Das Risiko einer weiteren unkontrollierten Eskalation sei „sehr groß“, sagte er. Zugleich forderte Ahmetovic ein „rhetorisches Abrüsten“. Es gehe nun darum, Diplomatie, Völkerrecht und die Glaubwürdigkeit der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik wieder zu lösungsfähiger Stärke zu führen.
Anna-Maria Salmen
Anna-Maria Salmen

Verletzte bei iranischem Raketenbeschuss in Haifa

Bei iranischem Raketenbeschuss sind in der israelischen Mittelmeerstadt Haifa zahlreiche Menschen verletzt worden. Laut dem israelischen Rettungsdienst Magen David Adom wurden bei der Attacke mindestens 23 Menschen verletzt, drei von ihnen schwer. Ein Sanitäter berichtete von großer Zerstörung auf den Straßen am Einschlagsort. Israels Außenminister Gideon Saar teilte mit, in Haifa sei auch eine Moschee getroffen worden. Dabei seien Geistliche, die sich in dem Gotteshaus aufgehalten hätten, verletzt worden. Ein von Saar veröffentlichtes Video soll Schäden in dem Gebäude zeigen. 

Irans Revolutionsgarde, die Elitestreitmacht des Landes, sprach derweil von israelischen Angriffen auf militärische Ziele, Einrichtungen der Rüstungsindustrie, Kontrollzentren sowie die Luftwaffenstützpunkte Nevatim und Hatzerim. Ob diese Ziele tatsächlich getroffen wurden, lässt sich derzeit unabhängig nicht bestätigen. Auch aus Irans Hauptstadt Teheran wurden Angriffe gemeldet. Israel hat dort iranischen Berichten zufolge am frühen Morgen eine Klinik durch Raketen beschädigt. Einwohner berichteten zudem von schweren Explosionen in der Nacht. 
Dimitri Taube

Medien: Iran könnte erneut Streumunition eingesetzt haben

Bei einem heftigen Raketenangriff auf Israel könnte Iran erneut Streumunition eingesetzt haben. Das Militär prüfe, ob viele kleine Sprengkörper, die im Stadtgebiet von Beerscheba in der Negev-Wüste explodierten, auf die international geächtete Waffenart zurückzuführen sind, wie die Zeitung Haaretz berichtete. Schon am Vortag hatte Israel Iran vorgeworfen, mindestens eine Streubombe auf das Zentrum des Landes abgeschossen zu haben.

Streumunition ist eine Waffe, die noch in der Luft weit über dem Zielgebiet zerplatzt und dabei viele kleine Sprengkörper über ein großes Gebiet verstreut, von denen viele nicht sofort explodieren und später Zivilisten, vor allem Kinder beim Spielen, gefährden können.

Der gut vernetzte israelische Militär-Korrespondent Emanuel Fabian von der Zeitung Times of Israel veröffentlichte auf X ein Video, das die Folgen der Explosion von Streumunition in einem Kindergarten zeigen könnte. Die Zerstörungen sind nicht so extrem wie bei dem Einschlag eines ganzen Raketensprengkopfes. Aber die vielen kleinen Splitter würden Menschen in der Nähe schwer verletzen oder töten.

Streubomben sind durch ein internationales Abkommen geächtet, aber nicht global verboten. Große Militärmächte wie die USA und Russland, aber auch Iran und Israel, sind dem Abkommen nicht beigetreten. Israel setzt diese Waffen offenbar seit Längerem nicht mehr ein. Der Einsatz ist völkerrechtlich höchst umstritten.
Anna-Maria Salmen
Anna-Maria Salmen

EU-Analyse: Israel verletzt Grundsätze für enge Kooperation 

Israel verstößt mit seinem Vorgehen im Gazastreifen gegen festgelegte Grundsätze für eine enge Zusammenarbeit mit der EU. Zu diesem Ergebnis kommt ein interner Prüfbericht der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, der jetzt an die Mitgliedstaaten übermittelt wurde, wie die Deutschen Presse-Agentur in Brüssel von Diplomaten erfuhr. Für die Regierungen der Länder und die EU stellt sich nun die Frage, ob und wie sie auf die Analyse reagieren. Die Optionen reichen vom Aussetzen des derzeitigen Partnerschaftsabkommens bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen. So könnten etwa Zollerleichterungen aufgehoben und Israels Zugang zum EU-Forschungsförderungsprogramm Horizon blockiert werden.

Der Bericht ist das Ergebnis eines Auftrags des EU-Außenministerrates. Er hatte im Mai mit großer Mehrheit beschlossen, zu überprüfen, ob Israel sich noch an die Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens hält. Zu diesen gehört, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auch auf der Achtung der Menschenrechte basieren. Israels Vorgehen im Gazastreifen wird in dem Bericht als Verstoß gegen dieses Grundprinzip gewertet. Hintergrund ist insbesondere, dass das Land seit Monaten kaum noch Lieferungen von Hilfsgütern in den Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben.

Das Ergebnis des Berichts hat sich bereits seit einigen Wochen abgezeichnet. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte Ende Mai gesagt, dass die Eskalation und der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten im Gazastreifen unter humanitärem und internationalem Recht nicht zu rechtfertigen seien. Die Ausweitung der israelischen Militäreinsätze im Gazastreifen, bei denen zivile Infrastrukturen ins Visier genommen würden, sei abscheulich.
Anna-Maria Salmen
Anna-Maria Salmen

Europäisches Außenministertreffen mit Iran in Genf gestartet

Die Chefdiplomaten von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind in Genf mit ihrem iranischen Kollegen Abbas Araghchi zusammengekommen. Eine Woche nach Beginn des Krieges zwischen Israel und Iran wollen Außenminister Johann Wadephul (CDU), Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) ausloten, ob Teheran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm und zum Verzicht auf Atomwaffen bereit ist. An den Gesprächen in einem Genfer Hotel nimmt auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teil. Die Europäer und Kallas waren zunächst unter sich in der Residenz des deutschen Abrüstungsbotschafters im schweizerischen Genf zu vorbereitenden Beratungen zusammengekommen.

Der iranische Außenminister hat die Erwartungen vor den Gesprächen zwar gedämpft. Doch nach Angaben aus Regierungskreisen ist Iran grundsätzlich bereit, mit den Europäern über eine Begrenzung der Uran-Anreicherung in seinem Atomprogramm zu sprechen. Eine Reduzierung auf null komme aber nicht infrage. Die Rolle der europäischen Mächte sei nun bedeutender, sagte ein iranischer Regierungsvertreter vor den Gesprächen in Genf. Wegen der israelischen Angriffe auf sein Land wolle die Regierung in Teheran derzeit nicht mit den USA interagieren.
© SZ/dpa/Reuters/KNA/epd/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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