Westerwelle: Regierungserklärung zu Afghanistan:"Über welches Land sprechen Sie eigentlich?"

Guido Westerwelle will Transparenz demonstrieren und spricht im Bundestag über den Einsatz in Afghanistan. Doch klare Worte findet der Außenminister wieder einmal nicht.

Wolfgang Jaschensky

Eineinhalb Stunden hat der Bundestag für den Tagesordnungspunkt 33 eingeplant. Eineinhalb Stunden, um über Afghanistan und die bevorstehende Konferenz in Kabul zu sprechen. Die ersten 20 Minuten redet Guido Westerwelle, dann tritt Gernot Erler ans Rednerpult. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion war in der großen Koalition Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Erler befürwortet den Einsatz am Hindukusch und hat im Bundestag schon in leidenschaftlichen Reden für die Zustimmung der Abgeordneten und der Bevölkerung geworben.

Bundestag

"Angespannte Sicherheitslage": Außenminister Westerwelle findet bei der Afghanistan-Aussprache im Bundestag keine klaren Worte.

(Foto: ddp)

Erler tritt also ans Pult und eröffnet seine Rede mit der Frage: "Über welches Land sprechen Sie eigentlich?" Eine berechtigte Frage. Dabei kann niemand Guido Westerwelle vorwerfen, das Wort Afghanistan nicht in den Mund genommen zu haben. Doch der Außenminister hat geredet - wie es der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele später formuliert - als gehe es in dem Land um möglichst effektive Entwicklungshilfe.

Der Außenminister hat viel von den Erfolgen in Afghanistan erzählt, von der zivilen Hilfe und von den Anstrengungen bei der Polizeiausbildung, von dem Signal der Friedens-Dschirga und der bevorstehenden Afghanistan-Konferenz. Dass die in Kabul stattfindet, hält Westerwelle für ein Signal: "Der Ort Kabul ist fester Ausdruck des Willens des afghanischen Volkes, die eigenen Geschicke wieder selbst in die Hand zu nehmen."

Auch sonst präsentiert Westerwelle dem Publikum überwiegend Erfolge und freundliche Aussichten. Die Bundeswehr werde nächstes Jahr mindestens eine der neun Provinzen im Norden Afghanistans in die Verantwortung der einheimischen Sicherheitskräfte übergeben, kündigt er an. Insgesamt sollten drei bis vier afghanische Provinzen im ganzen Land an die einheimischen Sicherheitskräfte übergeben werden. Noch vor Ende der Legislaturperiode 2013 sollen die Voraussetzungen für einen schrittweisen Abzug der Bundeswehr geschaffen werden.

Nur einmal in seiner Rede lässt Westerwelle durchscheinen, dass er von einem Krieg in Afghanistan weiß. Dann als er davon berichtet, dass allein im Juni mehr als 100 Isaf-Soldaten ums Leben gekommen sind. Sonst spricht der Außenminister lieber von der "angespannten Sicherheitslage" und erklärt, dass man die Rückschläge und die Grenzen der Möglichkeiten nicht übersehen dürfe.

Als oberster Diplomat der Republik muss Westerwelle natürlich seine Worte vorsichtig wählen und als Vertreter der Bundesregierung auch Erfolge präsentieren. Doch eine zutreffende Beschreibung der Situation, das kann man auch von einem Außenminister erwarten.

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