Westerwelle legt sich fest:Afghanistan-Abzug beginnt 2011

Seit 2001 sind deutsche Truppen am Hindukusch im Einsatz - zehn Jahre später sollen sie schrittweise reduziert werden. In einer Regierungserklärung nennt Außenminister Westerwelle den Starttermin für den Abzug.

Schon länger ist die Zahl im Raum gestanden, jetzt legt sich der Außenminister fest: Die Bundeswehr werde Ende 2011 mit dem Abzug aus Afghanistan beginnen, sagte Guido Westerwelle in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag. In den ersten Provinzen werde die Sicherheitsverantwortung bereits im ersten Halbjahr des kommenden Jahres an die Afghanen übergeben.

Bundestag

Der Abzug der ersten deutschen Soldaten soll nach seinen Vorstellungen zwischen Jahresende 2011 und 2012 beginnen, sagt Außenminister Guido Westerwelle bei seiner Regierungserklärung.

(Foto: dpa)

Deutschland verteidige am Hindukusch auch seine eigene Sicherheit, sagte der FDP-Chef. "Deshalb ist dieser Einsatz richtig. Richtig ist aber auch, dass er nicht endlos dauern darf." Die Gebiete im Norden gehörten zu den ersten Regionen, die im ersten Halbjahr 2011 an die Afghanen übergeben werden sollen, sagte Westerwelle. 2014 solle die Sicherheitsverantwortung dann in vollem Umfang an die Afghanen übergeben werden. Dann sollten keine deutschen Kampftruppen mehr am Hindukusch sein. Wichtig sei, dass der Übergabeprozess "sorgfältig, nachhaltig und unumkehrbar" sei, sagte der Außenminister.

Grundlage für die Regierungserklärung ist der sogenannte Fortschrittsbericht zur Entwicklung am Hindukusch, den die Bundesregierung zu Beginn der Woche vorgelegt hatte.Darin zeichnet die Regierung ein gemischtes Bild von der Entwicklung in Afghanistan und stellt der Regierung von Hamid Karsai schlechte Noten aus, vor allem in Bezug auf Korruptionsbekämpfung und Demokratieentwicklung. Westerwelle betonte, dass die Lage in Afghanistan weiterhin kritisch sei.

Es seien aber auch Erfolge erkennbar, etwa bei der wirtschaftlichen Entwicklung und bei der Schulausbildung von Mädchen. Bei der Ausbildung afghanischer Polizisten und Soldaten werde die Zielmarke von 300.000 deutlich früher erreicht als geplant.

SPD: Westerwelle schwankt "wie ein Schilfrohr"

Die SPD warf Westerwelle vor, mit verschiedenen Ankündigungen zum Abzug der ersten deutschen Soldaten aus Afghanistan "Unsicherheit und Durcheinander" zu schaffen. "Man kann nicht wie ein Schilfrohr schwanken in dieser Frage. Wir brauchen auch Sicherheit und Vertrauen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gernot Erler. Der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt hielt Westerwelle vor, inzwischen drei verschiedene Zeitpunkte für die Verringerung des deutschen Kontingents zu nennen: Ende 2011, Ende 2011 oder 2012 sowie 2012. Die SPD will, dass der Abzug bereits Mitte nächsten Jahres beginnt.

Schon im Vorfeld hatte die Grünen-Chefin Claudia Roth der Bundesregierung Orientierungslosigkeit in der Afghanistanpolitik vorgeworfen. Schwarz-Gelb agiere "ohne konkreten Plan" für einen Abzug und setze vor allem auf "Durchhalteparolen", sagte Roth im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd. Damit eröffne die Koalition weder den Menschen in Afghanistan noch den deutschen Soldaten eine klare Zukunftsperspektive.

"In der Afghanistanpolitik der Bundesregierung scheint es derzeit vor allem um das unwürdige Gerangel zwischen Verteidigungs- und Außenminister zu gehen", kritisierte Roth. "Während Westerwelle den sogenannten Fortschrittsbericht vorlegt und diskutieren will, ist Guttenberg vor allem damit beschäftigt, seinen Kabinettskollegen mit wohl choreographierter Showeinlage vor afghanischer Kulisse in den Schatten zu stellen."

Westerwelle stellte sich indes hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der gemeinsame Truppenbesuch von Guttenberg und seiner Frau Anfang der Woche war von der Opposition scharf angegriffen werden. "Es ist Ihr gutes Recht, die Mitglieder der Bundesregierung jeden Tag zu kritisieren", sagte der FDP-Chef an die Adresse der Opposition. "Aber Ihre Schmähkritik an Frau zu Guttenberg war einfach unanständig." Westerwelle verwies darauf, dass in diesem Jahr mehr als 60 Abgeordnete und fünf Bundesminister Afghanistan besucht haben.

Der Verteidigungsminister zeigte sich bisher sehr zurückhaltend mit der Ankündigung eines Abzugstermins. "Ich bin nicht derjenige, der sagt, nächstes Jahr ziehen wir hier oder da Soldaten ab. Das wäre auch unverantwortlich", zitierte Spiegel Online den Minister am Montag. Es gebe noch keine konkreten Pläne für den Abzug der Bundeswehr aus einzelnen Provinzen des Landes.

Im Januar muss der Bundestag über das künftige Afghanistan-Mandat entscheiden. Derzeit sind dort etwa 5000 deutsche Soldaten im Einsatz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: