Westerwelle bei Afghanistan-Konferenz:Der Debütant in Reihe drei

Außenminister Westerwelle hatte hohe Erwartungen geweckt vor seinem Auftritt bei der Afghanistan-Konferenz. Er brauchte einen Erfolg und wählte deshalb große Worte.

Daniel Brössler, London

Dem Independent ist der "neue Plan" für Afghanistan am Donnerstag eine Schlagzeile wert. "Taliban rauskaufen", titelt das Blatt. "Großbritannien und die USA", ist in dem Artikel zu entnehmen, "unterstützen eine neue Strategie, "weiche" Unterstützer der Taliban rauszukaufen."

Westerwelle bei Afghanistan-Konferenz: Zufrieden: Guido Westerwelle

Zufrieden: Guido Westerwelle

(Foto: Foto: AFP)

Von Deutschland ist in dem Artikel nicht die Rede, was insofern überrascht, als nach Berliner Wahrnehmung zu den wichtigsten Unterstützern dieser afghanischen Initiative der Außenminister Guido Westerwelle zählt.

Er habe am Vorabend beim Essen mit den Kollegen sehr viel Zustimmung für die Kernpunkte des deutschen Konzepts erhalten, sagt Westerwelle am Donnerstagmorgen. Sicher ist das so. Wahr ist aber auch, dass sich der deutsche Anteil in London, nun ja, relativiert.

Wichtige Dienstreise

Bei der Konferenz in der Long Gallery im Lancaster House wird Westerwelle Platz 21 zugewiesen, der sich je nach Betrachtungsweise in der dritten oder auch letzten Reihe befindet. Immerhin: Als der britische Premierminister Gordon Brown die Gäste begrüßt, kommt er auf Deutschland zu sprechen.

"Ich heiße die jüngsten Zusagen von Kanzlerin Merkel herzlich willkommen", sagt Brown. Es klingt Erleichterung durch, dass die Deutschen sich zur Erhöhung der Truppenzahl von 4500 auf 5000 durchgerungen haben.

Westerwelle absolviert in London eine seiner bisher wichtigeren Dienstreisen. Die Erwartungen vor allem in Deutschland sind hoch, woran Westerwelle und andere Mitglieder der Bundesregierung nicht unschuldig sind.

Seitdem Angela Merkel mit Gordon Brown und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy die Konferenz im September initiierte, fixieren sich alle Hoffnungen, es könnte doch noch aufwärts gehen in Afghanistan, auf diesen Termin. Westerwelle braucht einen Erfolg oder zumindest etwas, was als solcher verkündet werden kann.

In der ersten Arbeitssitzung kommt der Deutsche nach den Kollegen aus Jordanien und Bulgarien als fünfter Redner zu Wort und präsentiert den in der Tat nicht unerheblichen deutschen Beitrag: 430 Millionen Euro für Entwicklung, 50Millionen für das "Reintegrationsprogramm" und natürlich die verstärkte Hilfe für die Ausbildung von Polizei und Armee.

"Neues Kapitel"

Westerwelle stimmt ein in den Chor jener, welche die Londoner Konferenz als Wendepunkt preisen. "Ein neues Kapitel" werde aufgeschlagen, lobt er. Vergessen ist offenbar die Sorge, die Westerwelle noch vor einem Monat umgetrieben hatte.

"Wenn die Afghanistan-Konferenz in London eine reine Truppenstellerkonferenz wird, fahre ich nicht hin", hatte er gewarnt. Eine Truppenstellerkonferenz ist es nun tatsächlich nicht geworden, wenngleich Truppenstärken nicht ohne Belang sind in London. Ohne die Berliner Zusage in letzter Minute wäre es schwieriger geworden für Westerwelle im Lancaster House.

Schon früh ist die Abschlusserklärung fertig. Mit den 34 Punkten könne Deutschland zufrieden sein, ist von Guido Westerwelles Leuten zu hören. Man habe eben gut gearbeitet.

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