Werner Mauss:Mauss-Affäre: Bundestag hebt Immunität von CDU-Abgeordnetem Bleser auf

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Der deutsche Bundestag: Der Bundesadler an der Vorderseite des Plenarsaals

(Foto: dpa)

In der Parteispendenaffäre um den Agenten Werner Mauss ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Untreue gegen Peter Bleser. Half er Mauss bei der Beschaffung von Schein-Identitäten?

Von Georg Heil, Susanne Höll und Ralf Wiegand

Die Parteispendenaffäre in der CDU Rheinland-Pfalz um den Geheimagenten Werner Mauss zieht Kreise bis nach Berlin: Zum einen ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Bleser, 65, wegen des Verdachts der Untreue und eines Verstoßes gegen das Parteiengesetzes. Der Bundestag hat am Mittwoch einstimmig die Aufhebung der Immunität Blesers beschlossen, nachdem der entsprechende Ausschuss dies empfohlen hatte. Zum anderen gibt es Hinweise aus dem CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz, die nahelegen, dass Mauss in für einen Geheimagenten wichtigen Pass-Angelegenheiten Unterstützung von Bleser bekommen haben könnte.

Unmittelbar nach der Aufhebung der Immunität des Abgeordneten - die bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in der Regel immer beschlossen wird - begannen nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung Ermittlungsbeamte mit der Durchsuchung des Abgeordneten-Büros Blesers, der seit 1990 im Parlament sitzt. Auch Räumlichkeiten im Konrad-Adenauer-Haus, der Geschäftsstelle der CDU in Berlin, sind durchsucht worden, wie die Partei bestätigte. Sie unterstütze die Ermittlungen "in vollem Umfang", hieß es.

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Koblenz besteht gegen Bleser der Anfangsverdacht, in den Jahren ab 2004 oder 2005 bis 2015 zunächst als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Cochem-Zell und danach als Schatzmeister des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz sechs Spenden einer Werner Mauss zuzurechnenden Briefkastenfirma in Höhe von insgesamt 56 000Euro angenommen zu haben. Die Spenden sollen jeweils vom Anderkonto eines Anwalts überwiesen worden sein, dessen Treugeberin diese Mauss-Firma war.

Es habe sich um durchgereichtes Geld von Dritten gehandelt

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll dabei erkennbar gewesen sein, dass es sich nicht um Spenden dieser Kanzlei, sondern um durchgereichtes Geld von Dritten gehandelt habe. So soll auf einer Überweisung das Stichwort "Spende Mandant" genannt worden sein, auf anderen habe der Name der Briefkastenfirma, "teils mit, teils ohne Tippfehler" im Verwendungszweck gestanden.

Trotz der ungeklärten Herkunft der Spenden hätten die Zahlungen Eingang in die in die Rechenschaftsberichte der diversen Parteiorganisationen der CDU gefunden. Das aber wäre verboten - im Parteiengesetz heißt es dazu im Paragraph 25: "Spenden, soweit sie im Einzelfall mehr als 500 Euro betragen und deren Spender nicht feststellbar sind, oder bei denen es sich erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt", dürfen nicht angenommen werden.

Bleser ist seit 2011 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. In seinem Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück ist auch der Privatagent Werner Mauss, 77, zu Hause. Der Anwalt aus Eisenach, von dessen Konto die Zahlungen an die CDU geleistet wurden, soll ebenfalls mit Bleser gut bekannt sein, berichteten lokale Medien. Peter Bleser war zunächst nicht telefonisch über sein Abgeordnetenbüro zu erreichen, die Antwort auf eine schriftliche Anfrage steht noch aus.

Warum hat Mauss die CDU überhaupt finanziell derart unterstützt?

Die dubiosen Spenden der Mauss-Firma "Nolilane", die unter anderem auch das großzügige Anwesen der deutschen Agenten-Legende im Hunsrück hält, waren 2016 bekannt geworden und haben im CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz einigen Wirbel verursacht. Bleser war als Schatzmeister des Landesverbandes nicht mehr angetreten. Über viele Jahre hinweg waren in kleinen Tranchen insgesamt rund 135 000 Euro über die Eisenacher Anwaltskanzlei in die CDU Rheinland-Pfalz, vornehmlich in den Kreisverband Cochem-Zell, geflossen. Bleser will von den wahren Quelle des Geldsegens nichts gewusst haben. Die CDU zahlte 112 000 Euro Strafe und die heiklen Beträge, eben jene 135 000 Euro, an den Bundestag. 56 000 Euro davon interessieren nun die Staatsanwaltschaft, beim Rest habe sich kein Verdacht ergeben.

Dem CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz, der die Begleichung der Strafzahlung übernommen habe, sowie dem CDU-Kreisverband Cochem-Zell, der hierfür teilweise in Regress genommen werden könne, sei dadurch finanzieller Schaden entstanden, auch die Rechenschaftsberichte der CDU Deutschland könnten in mehreren Jahren nacheinander fehlerhaft gewesen sein.

Doch warum hat Mauss die CDU überhaupt finanziell derart unterstützt? Auch dafür liefert die Affäre zumindest Anhaltspunkte. Denn neben den Durchsuchungen in Berlin haben die Ermittler auch die Landesgeschäftsstelle der CDU in Mainz besucht - zur Überraschung von Landesgeneralsekretär Patrick Schneider: Über die Koblenzer Ermittlungen habe man "keine eigenen Erkenntnisse", sagte er auf Anfrage, sei aber an vollständiger Aufklärung interessiert - schließlich gehe es um den Vorwurf einer Schädigung der rheinland-pfälzischen CDU.

Mögliche Verbindung des Politikers und des Agenten hinsichtlich Mauss' Scheinidentitäten

Mauss und Bleser - bis 2006 auch Vorsitzender der Kreis-CDU Cochem-Zell - sollen gut bekannt sein, Bleser hat auch schon das Anwesen des Agenten besucht, der im Oktober vom Landgericht Bochum wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war. Mauss und die Staatsanwaltschaft, die mehr als sechs Jahre Haft gefordert hatte, lassen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof überprüfen.

Interessant ist eine mögliche Verbindung des Politikers und des Agenten hinsichtlich der Scheinidentitäten, also echter Papiere für falsche Namen, über die Mauss noch immer verfügt - obwohl er schon seit Jahren nicht mehr im Auftrag der Bundesregierung unterwegs sein soll. Die Mainzer CDU habe von der Bundestagsverwaltung drei Dokumente überlassen bekommen - sie liegen der SZ vor -, die zumindest nahelegen, dass Bleser dem geheimnisvollen Geheimagenten in dieser Frage hilfreich zur Seite gestanden haben könnte. Dabei handele es sich um einen Vermerk einer Mitarbeiterin der Verbandsgemeindeverwaltung Simmern/Hunsrück und um zwei Schreiben des Bundeskriminalamts.

Die Verwaltungs-Mitarbeiterin führt darin aus, sie habe 2014 bei der Ausstellung von Ausweisdokumenten für Mitglieder der Familie von Werner Mauss auf den Familiennamen Nelson Rücksprache unter anderem mit dem Bundestagsabgeordneten Bleser gehalten. Er habe angegeben, dass gegen eine Aushändigung dieser Dokumente nichts spreche. Das Schreiben des BKA vom 1. November 2017 nimmt auf diesen Vermerk Bezug und ergänzt, dass ein Sohn von Herrn Mauss im Jahr 2010 ein Praktikum im Bundestag bei Herrn Bleser absolviert habe.

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