Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Von Bonusmeilen zum fliegenden Teppich

Entwicklungsminister Niebel lässt ein Souvenir aus Afghanistan einfliegen. Der FDP-Mann reiht sich damit ein in die Reihe von deutschen Politikern, die ihre Stellung ausnutzten - manchmal kostete es sie ihr Amt.

in Bildern.

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Dirk Niebel, Entwicklungshilfeminister

Minister Niebel in Afghanistan

Quelle: dpa

Bonusmeilen, privat genutzte Dienstwagen und fliegende Teppiche: Entwicklungsminister Niebel lässt ein Souvenir aus Afghanistan einfliegen. Der FDP-Mann reiht sich damit ein in die Reihe von deutschen Politikern, die ihre Stellung ausnutzten - manchmal kostete es sie ihr Amt. Ein Überblick.

So ein handgeknüpfter Teppich ist eine feine Sache. Das muss sich auch Dirk Niebel vor kurzem in Kabul gedacht haben. Also schlug der Entwicklungshilfeminister zu, und kaufte ein 1400 Dollar teures Exemplar. Nun ließ er seine Ware mit einem BND-Jet nach Deutschland einfliegen - und vergaß dabei wohl, sein Souvenir dem Zoll vorzulegen. Für die SPD eine Steilvorlage: "Minister Niebel verwechselt sein Ministerium mit einem Selbstbedienungsladen für sich und die FDP", ätzt der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Niebel will jetzt eine Nachverzollung einleiten. "Selbstverständlich komme ich jederzeit sämtlichen Rechtspflichten nach."

(thos)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Gerhard Glogowski, ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen

Gerhard Glogowski

Quelle: dpa

Flitterwochen auf Unternehmerkosten: Der damalige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Glogowski ließ sich vom Touristikunternehmen TUI unter anderem seine Hochzeitsreise ans Rote Meer bezahlen. Auch andere Urlaube und exklusive Opernbesuche Glogowskis wurden von Privatfirmen finanziert. Erst nach lautstarker öffentlicher Kritik beglich der Ministerpräsident die Reisekosten. Die "fehlende Trennung und Transparenz dienstlicher und privater Angelegenheiten", die ihm Sonderermittler später vorwarfen, brachten ihn schließlich zu Fall: Im November 1999 musste der SPD-Mann Glogowski nach nur einem Jahr im Amt zurücktreten.

(fhu)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Kurt Biedenkopf, ehemaliger Ministerpräsident von Sachsen

Prof. Kurt H. Biedenkopf. CDU

Quelle: SEYBOLDTPRESS

Kurt Biedenkopf überstand drei Amtsperioden als Ministerpräsident von Sachsen, bevor er im Januar 2002 zurücktrat. Die Liste der privaten Vorteile, die der CDU-Politiker sich während dieser Zeit durch seine einflussreiche Position verschaffte, ist lang. Gratisgefälligkeiten seitens sächsischer Unternehmer, Rabatte bei Karstadt und dem schwedischen Möbelkonzern IKEA bilden nur die Spitze der "Petitessen", wie Biedenkopf sie nannte. Darüber hinaus nutzte der Politiker staatliches Dienstpersonal in mehreren Fällen privat, etwa zur Bewachung seines Sommerhauses am Chiemsee. Die geleistete Nachzahlung von 123.000 DM deckte nur einen Bruchteil der vom Sächsischen Rechnungshof geforderten Wiedergutmachung.

(fhu)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen

Landesdelegiertenkonferenz der Grünen

Quelle: dpa

Cem Özdemir tritt wieder als Spitzenpolitiker auf, allerdings musste er vor Jahren einen empfindlichen Karriereknick hinnehmen: Damals erklärte der seinerzeitige Bundestagsabgeordnete seinen Rückzug aus der Bundespolitik. Er hatte einen Privatkredit bei einem Lobbyisten aufgenommen und dienstlich erworbene Bonus-Flugmeilen für private Reisen genutzt. "Naivität und mangelnde Vorsicht", so Özdemir, hatten ihn in die Grauzone zwischen dem privaten und dienstlichen Bereich tappen lassen. Özdemir zog die Konsequenzen und verbrachte ein paar Jahre im politischen Abklingbecken. Dauerhaft schadete ihm die Reue nicht, im Gegenteil: Heute mischt Cem Özdemir als Vorsitzender seiner Partei erneut in der Bundespolitik mit.

(fhu)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Rudolf Scharping, ehemaliger Verteidigungsminister

GERMAN DEFENCE MINISTER RUDOLF SCHARPING GESTURES IN MUNICH

Quelle: REUTERS

Der ehemalige SPD-Vorsitzende und damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping wurde kurz vor der Bundestagswahl 2002 von Kanzler Gerhard Schröder entlassen. Neben peinlichen Plansch-Fotos mit seiner Lebensgefährtin wurden ihm allzu gute Kontakte zur einer PR-Agentur zum Verhängnis. Der Lobbyist, der schon Cem Özdemir unterstützt hatte, zahlte Scharping sechsstellige Honorare für Vorträge. Dieser erklärte zwar, das Geld ordnungsgemäß verdient und versteuert zu haben, aber das akzeptierte der wahlkämpfende Kanzler nicht: Scharping verlor sein Amt - die politische Karriere war beendet.

(fhu)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Gregor Gysi, Ex-Wirtschaftssenator in Berlin, Fraktionsvorsitzender der Linken

Gysi profitiert von Beruf als Rinderzüchter

Quelle: dpa

Immer wieder stolpern Politiker über Urlaube und deren Finanzierung. Gregor Gysi, heute Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Bundestag, gehört zu denjenigen, die dienstliche und private Reisen nicht immer klar voneinander trennen konnten. Gysi nutzte dienstlich gesammelte Bonusmeilen für private Flüge. Dass dieses Verhalten durchaus charakteristisch für den Vielflieger-Beruf des Spitzenpolitikers ist, zeigen ähnliche Urlaubs-Skandale etwa von Cem Özdemir oder Ulla Schmidt.

(fhu)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Ulla Schmidt, ehemalige Gesundheitsministerin

Bundesrechnungshof entlastet Ulla Schmidt

Quelle: dpa

Dumm gelaufen für Ulla Schmidt: Sie ließ sich 2009 einen gepanzerten Mercedes S 420 CDI samt Chauffeur ins spanische Alicante kommen und nutzte den Dienstwagen auch für private Zwecke. Das ist zwar rechtlich erlaubt - kostete den Steuerzahler aber einige tausend Euro. Eigentlich ein unspektakulärer Vorgang, aber dann wurde die Limousine geklaut. Die damalige Opposition schäumte und nannte Schmidts Verhalten eine "Sauerei". Auf dem Höhepunkt der Sommerloch-Affäre zog Schmidt die Konsequenzen - und rechnete den Einsatz des Wagens privat ab.

(thos)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Jürgen Rüttgers, ehemaliger Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens

Wahlkampf NRW - Jürgen Rüttgers

Quelle: dpa

Mein Haus, mein Auto - mein Rüttgers? Kurz vor der vorletzten NRW-Landtagswahl stolperte Jürgen Rüttgers im Februar 2010 über die "Rent-a-Rüttgers"-Affäre. Seine geschäftstüchtige Landes-CDU war auf die schlaue Idee gekommen, "Einzelgespräche" mit dem Ministerpräsidenten für 6000 Euro anzubieten. Mitten im Wahlkampf kam die Sache auf - und beim Volk gar nicht gut an. Rüttgers beteuerte, nichts von solchen Angeboten gewusst zu haben. Stattdessen übernahm sein Generalsekretär Hendrik Wüst die Verantwortung und trat zurück. Ein Nachspiel hatte die Affäre für Rüttgers trotzdem: Er verlor die Wahl und musste sein Amt an Hannelore Kraft abgeben.

(thos)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Christian Wulff, ehemaliger Bundespräsident

Grosser Zapfenstreich fuer Christian Wulff

Quelle: dapd

Sozusagen das Paradebeispiel der politischen Mitnahme-Mentalität in der jüngeren Zeit. Im Dezember 2011 warfen Wulff mehrere Medien vor, in seiner Zeit als Ministerpräsident Niedersachsens private Vorteile aus Beziehungen zu befreundeten Managern und Unternehmern gezogen zu haben. Daraufhin wurde bekannt, dass der damalige Bundespräsident eine weitere Berichterstattung der Bild-Zeitung verhindern wollte - er sprach mit drohendem Unterton auf den Anrufbeantworters des Chefredakteurs. Immer mehr Medien stürzten sich auf die Affäre, immer weitere Vorwürfe wurden bekannt: von der finanziell gestützten Oktoberfest-Sause, dubiosen Trips nach Sylt bis zu gratis überlassenen Kleidern für Gattin Bettina. Bald war von einem "System Wulff" die Rede. Am 16. Februar 2012 beantragte die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung von Wulffs Immunität. Einen Tag später trat Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurück.

(thos)

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Wenn Politiker ihre Befugnisse überreizen:Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister Berlins

Lufthansa Christens 'Berlin' Airbus A380

Quelle: Getty Images

Dass sich SPD-Mann Klaus Wowereit gerne mit Glamour umgibt, ist nichts Neues. Kurz nach der Causa Wulff sah sich Berlins Regierender Bürgermeister und Partykönig aber mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Urlaubte er in der schmucken Finca von Party-Löwe Manfred Schmidt für lau? Und warum war er 2002 und 2003 mit dem Privatjet von Ex-Bahn-Chef Heinz Dürr nach London geflogen? Im Gegensatz zu Wulff blieb Wowereit locker. Dürr sei ohnehin nach London geflogen, erklärte Wowereit. Er habe damals die Kosten für einen Linienflug gespendet. Und sein Verhältnis zu Manfred Schmidt sei rein privat.

(thos)

© Süddeutsche.de/thos/fhu/odg
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