Weltwirtschaft:USA und China entschärfen Handelsstreit

Am Rande des G-20-Gipfels einigen sich die Präsidenten Trump und Xi darauf, drei Monate lang auf Provokationen und neue Zölle zu verzichten.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Nach mehreren gescheiterten Anläufen unternehmen die USA und China einen neuen Versuch, ihren seit Monaten schwelenden Handelsstreit auf dem Verhandlungswege beizulegen. Die Präsidenten Donald Trump und Xi Jinping vereinbarten am Rande des G-20-Gipfels in Buenos Aires, sich 90 Tage Zeit zu geben, um eine Lösung zu finden. Während dieser drei Monate wollen beide Seiten auf Provokationen und die Verhängung neuer Einfuhrabgaben verzichten. Trump hatte ursprünglich damit gedroht, die bereits bestehenden zusätzlichen Zollsätze auf chinesische Warenlieferungen im Wert von 200 Milliarden Dollar zum 1. Januar von derzeit zehn auf 25 Prozent anzuheben.

Ob es tatsächlich gelingt, die Krise dauerhaft zu überwinden, ist aber höchst ungewiss, denn hinter dem Handelsstreit steckt in Wahrheit die Frage, welches der beiden Länder die Welt in den kommenden Jahrzehnten wirtschaftlich und politisch dominieren wird. Vor allem China bedient sich in der Auseinandersetzung unlauterer Mittel: Staatseigene, teils hoch subventionierte Firmen kaufen weltweit Konkurrenten auf oder stehlen deren geistiges Eigentum. Zugleich werden ausländische Unternehmen in China von den Behörden gegängelt. Hinzu kommt ein extremer Exportüberschuss im Warenverkehr mit den USA.

Während chinesische Regierungsvertreter nach dem rund zweieinhalbstündigen Abendessen der beiden Präsidenten vor allem auf diese Unwucht in der Handelsbilanz abhoben und mehr Importe aus den Vereinigten Staaten ankündigten, pochten die USA auf strukturelle Reformen in der Pekinger Wirtschaftspolitik. Sollte es gelingen, diese "unglaubliche Vereinbarung" umzusetzen, "wird sie mit Sicherheit als einer der größten Deals in die Geschichte eingehen, die je geschlossen wurden", sagte Trump gewohnt unbescheiden auf dem Rückflug nach Washington. Die Fortschritte seien nur möglich gewesen, weil er zu Xi "eine Wahnsinnsbeziehung" habe.

Allerdings haben die letzten Monate gezeigt, dass die Reformversprechen des chinesischen Präsidenten häufig nur Lippenbekenntnisse sind. Tatsächlich setzt Xi unverändert auf das ehrgeizige Subventionsprogramm "Made in China 2025", mit dem Peking neue Weltmarktführer in Zukunftsbereichen von der künstlichen Intelligenz bis zur Biomedizin aufbauen will.

Immerhin konnte Trump beim Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer durchsetzen, dass das Regelwerk und die Arbeitsweise der Welthandelsorganisation (WTO) überprüft werden. Der US-Präsident wirft der Institution Schwäche im Umgang mit Regelverstößen vor, etwa durch China, und sieht sein Land durch viele WTO-Richtersprüche benachteiligt. Mit Ausnahme Trumps bekräftigten die G-20-Staats- und Regierungschefs darüber hinaus die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. Zudem wollen sie den Kampf gegen Steuerbetrug weltweit vorantreiben. Am Rande des Gipfels kam es zu Demonstrationen gegen Trump und Neoliberalismus. Anders als 2017 in Hamburg verliefen die Proteste friedlich.

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