Sie sind jung, gut ausgebildet - und sie ziehen zu Tausenden auf die Straße. Oft hat sich ihr Protest an der ökonomisch bedingten Perspektivlosigkeit entzündet. Doch es geht um mehr: In Rio oder Sofia, Istanbul oder Madrid stemmen sich junge Menschen aus der Mittelschicht gegen korrupte Systeme und Regierungen, die als autoritär empfunden werden.
Fifa-Präsident Joseph Blatter war sich sicher, dass es schon aufhören würde mit diesen Protesten, sobald der Ball rollt. Doch er irrte sich. Und so gingen im Juni etwa 50.000 Demonstranten in Belo Horizonte auf die Straße, dort, wo Brasilien im Halbfinale des Confed-Cups Uruguay besiegte. Ein Großteil der Brasilianer wollte friedlich seinen Ärger über Korruption, soziale Missstände und die hohen Ausgaben für die Fußball-WM kundtun, doch einige Randalierer lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei.
Die Brasilianer lieben Fußball, aber doch nicht so sehr, dass ihnen alle anderen Probleme im Land egal wären. Der Großteil der Bevölkerung will auch die WM, aber nicht wenn gleichzeitig Grundbedürfnisse nach Bildung, Nahverkehr und Gesundheit auf der Strecke bleiben. Angefangen hatten die Proteste auf den Straßen Rios und Sao Paulos nach der Erhöhung der Busfahrpreise um 20 brasilianische Centavaos (umgerechnet acht Euro-Cent). Tausende junge Menschen machten wochenlang ihrem Ärger über die Politik von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff Luft. Es war vor allem die Mittelschicht, die auf den Straßen des südamerikanischen Landes zu finden ist, denn der wirtschaftliche Erfolg des Schwellenlandes hat die Lebensqualität der Einwohner bisher nicht verbessert.