Weltkulturerbe in Timbuktu:Islamisten zerstören jahrhundertealte Gräber

Islamisten haben einen Großteil des Weltkulturerbes in der malischen Wüsentstadt Timbuktu zerstört. Sie reagierten damit auf die Entscheidung der Unesco, die Stadt auf die Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen. Die Islamisten verwüsteten mehrere Grabstätten und kündigten weitere Angriffe an. "Wer ist schon die Unesco?", fragte ihr Anführer.

Islamisten haben in Mali einen großen Teil der zum Weltkulturerbe gehörenden antiken Mausoleen in Timbuktu zerstört. Mitglieder der Islamistengruppe Ansar Dine verwüsteten nach Angaben von Augenzeugen am Samstag drei Mausoleen islamischer Heiliger.

Das islamische Zentrum und eine Moschee in Timbuktu (Archivfoto von 2010). Die Unesco hat die historischen Stätten der Oasenstadt in Mali zum Weltkulturerbe erklärt. In Reaktion darauf haben Islamisten damit begonnen, Bauwerke zu zerstören. (Foto: AFP)

Mit Kalaschnikow-Schnellfeuergewehren und Spitzhacken bewaffnet, hätten die Kämpfer der al-Qaida-nahen Gruppe angekündigt, alle Mausoleen zu zerstören, sagte ein Jourmalist aus der Stadt. "Die Bevölkerung schaut dem Treiben hilflos zu", sagte er.

Binnen weniger Stunden zerstörten die Islamisten nach Angaben von Augenzeugen die Grabstätten der Heiligen Sidi Mahmud, Sidi Moctar und Alpha Moya und zogen anschließend in Richtung weiterer Mausoleen weiter. Aus dem Umfeld eines muslimischen Imams wurden die Angaben bestätigt.

Das Unesco-Welterbekomitee hatte die Wüstenstadt Timbuktu erst am Donnerstag auf die Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt. Die Islamisten reagierten mit ihrem Zerstörungszug nach eigenen Angaben nun auf diese Entscheidung.

Der Sprecher der islamistischen Gruppe sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Zerstörung sei ein Auftrag "im Namen Gottes". "Wir sind alle Muslime. Was ist die Unesco?"

Zusammen mit Kämpfern des Tuareg-Volkes hat die Gruppierung seit April zwei Drittel des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Die Islamisten kämpfen gegen die Regierungstruppen, sie wollen die Herrschaft in dem afrikanischen Wüstenland übernehmen.

International löste der Angriff auf die Grabstätten im Norden Malis Entsetzen aus. "Das sind tragische Nachrichten für uns alle", erklärte die Vorsitzende des Unesco-Exekutivkomitees, Alissandra Cummins. Sie appelliere an alle an dem Konflikt in Timbuktu Beteiligten, Verantwortung zu zeigen. Ähnlich äußerte sich die russische Sitzungsleiterin in St. Petersburg, Jeleonor Mitrofanowa: "Verschonen Sie das kulturelle Erbe", sagte sie.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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