Welthandel:Am Abgrund

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US-Präsident Donald Trump überzieht die Welt mit Zöllen. Die Staaten müssen ihn bremsen. Gelingt nicht bald eine Lösung, droht nicht bloß die globale Konjunktur abzustürzen.

Von Alexander Hagelüken

Die Firma Electrolux betreibt in Tennessee eine Fabrik nach Donald Trumps Gusto. Da werden Küchenherde von jener schwindenden Spezies Industriearbeiter montiert, die wegen ihres Schwindens Trump zum Präsidenten wählte. Der mächtigste Mann der Welt verhängt gegen den halben Erdball seine Strafzölle, die er jetzt um 50 Milliarden Dollar gegen China erweitert, angeblich für genau diese Industriearbeiter.

In Tennessee allerdings stoppte Electrolux schon wegen Trumps erster Zölle auf Stahl den Ausbau der Herdfabrik. Und das ist nur einer der Belege dafür, wie negativ sich sein Protektionismus auswirkt. Mit der Aktion gegen China eskaliert er jetzt auf eine völlig neue Stufe. Gelingt nicht bald eine Lösung, wird die globale Konjunktur abstürzen.

Nun lässt sich der Wirtschaftsmacht China ja durchaus etwas vorwerfen. Zwar nicht ihre Exporte. Aber die Praxis, ausländische Firmen zu bremsen und Innovationen abzusaugen. Der Plan "China 2025" treibt das auf die Spitze: Mittels Subventionen und anderer Tricks sollen heimische Firmen global die Vorherrschaft in den Industrien der Zukunft erobern.

Diesem faulen Spiel dürfen die USA ruhig etwas entgegensetzen. Aussichtsreich wäre dies gegen das starke wie starrköpfige Regime in Peking aber nur in einer Allianz mit Europa. Statt diese zu suchen, attackiert Trump auch Europa. Er macht es den Chinesen zu einfach, in dem er seine Kritik an ihren Tricks mit dem Gejammer vermischt, Amerika werde von allen ausgetrickst. In Wirklichkeit sind es die geringen Kosten weniger entwickelter Volkswirtschaften, die in den Vereinigten Staaten Stahljobs kosten, nicht fiese Rivalen.

Die Eliten versäumten, die Früchte der rasanten Globalisierung fair zu verteilen

Betrachtet man Smartphones statt Stahl, ist Amerikas Industrie sowohl in China wie in Europa obenauf. Davon profitiert die US-Volkswirtschaft enorm, selbst wenn die Geräte woanders montiert werden. Die moderne Wirtschaft ist zu stark verflochten, als dass "America first" selbst Amerika etwas bringen könnte. Das zeigen iPhones genauso wie die Electrolux-Herde in Tennessee. Und deshalb reißt Trump die ganze Weltwirtschaft in den Abgrund, indem er Misstrauen sät und globale Lieferketten sprengt.

Hier droht aber nicht nur einfach eine Konjunkturdelle, was für Exportmeister Deutschland schon schlimm genug wäre. Auf dem Spiel steht die gesamte zweite Ära der Globalisierung. Die erste, die Mitte des 19. Jahrhunderts begann, endete mit dem Ersten Weltkrieg. Danach hatten vier Jahrzehnte Nationalisten und Protektionisten das Sagen. Es waren die schrecklichen Folgen dieser Zeit, die ab 1945 zum Aufbau einer Friedensordnung einerseits und einer regelbasierten Handelsordnung andererseits führten. Doch weil die politischen Eliten versäumten, die Früchte der rasanten Globalisierung fair zu verteilen, förderten sie den Aufstieg von Neo-Protektionisten wie Trump, die die Wut der Verlierer ausbeuten.

Nun gilt es, den Wohlstand überall im Westen wieder gerechter zu verteilen. Gleichzeitig aber, das lässt die Herausforderung groß werden, muss das globale Freihandelssystem gerettet werden, das diesen Wohlstand überhaupt ermöglicht. Europäer und Asiaten sollten Donald Trump durch eine harte Reaktion zeigen, dass Handelskriege keinesfalls so "einfach zu gewinnen sind", wie er behauptet. Und dass Amerika, siehe iPhones und Electrolux, dabei genauso viel zu verlieren hat wie die übrige Welt.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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