811 Millionen Menschen waren im vergangenen Jahr unterernährt. Diese dramatische Zahl geht aus dem am Montag vorgelegten Welternährungsbericht der Vereinten Nationen hervor, sie umfasst also etwa ein Zehntel der globalen Bevölkerung. Vom UN-Ziel der Agenda 2030, bis zu jenem Jahr den Hunger überall zu besiegen, hat sich die Realität erneut weiter entfernt, ein Trend schon der vergangenen Jahre. Der Bericht legt nun dar, dass die Corona-Pandemie wahrscheinlich entscheidend zur Verschlechterung der Lage beigetragen hat. Die Pandemie decke Schwächen der Ernährungssysteme auf, die das Leben und die Lebensgrundlagen von Menschen rund um den Globus bedrohten, schreiben die Verfasser. Aber auch der Klimawandel macht sich demnach als Faktor der Ernährungssituation bemerkbar.
2020 stieg der Anteil derer, die sich nicht das ganze Jahr hindurch angemessen ernähren konnten, so stark wie in den fünf Jahren zuvor zusammen: Betroffen waren 2,3 Milliarden Menschen, fast ein Drittel der Weltbevölkerung. Nicht weniger als 9,9 Prozent der Weltbevölkerung mussten hungern, eine Zunahme von 1,5 Prozentpunkten gegenüber 2019. In Afrika hat der Hunger am meisten zugenommen, die Unterernährungsrate lag dort bei 21 Prozent, das ist ein Anteil, der doppelt so hoch ist wie überall sonst.
"Unsere schlimmsten Befürchtungen sind dabei wahr zu werden", sagte dazu der Chefökonom des Welternährungsprogramms (WFP), Arif Husain. Es werde Jahre, "wenn nicht Jahrzehnte" dauern, die Lage mit einem so hohen Anteil von chronisch verbreitetem Hunger wieder umzudrehen. Es brauche jetzt bessere und schnellere Zusammenarbeit auf allen Ebenen, national, regional und global, "der Preis des Nichthandelns ist für alle einfach zu hoch", so Husain.
Zum Einfluss des veränderten Weltklimas sagte Gernot Laganda, Chef der WFP-Programme zur Verminderung von Klima- und Katastrophenrisiken, die Folgen des Klimawandels "sind Treiber von Hunger wie nie zuvor. Und obwohl sie wenig zum Klimawandel beitragen, sind ihm Gesellschaften in Entwicklungsländern am stärksten ausgesetzt und am wenigstens vorbereitet auf immer schneller kommende Bedrohungen, die ihn begleiten".
"Die verlorene Generation retten, ehe es zu spät ist"
Zu den Informationen des Berichts haben die Welternährungsorganisation FAO, der Hilfsfonds Ifad, das Kinderhilfswerk Unicef, das WFP und die Weltgesundheitsorganisation WHO beigetragen. Besonders bestürzend sind die gelieferten Zahlen Kinder betreffend: Mehr als 149 Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren zeigten Wachstumsstörungen und waren für ihr Alter zu klein. Mehr als 45 Millionen Kinder waren zu dünn - aber auch fast 39 Millionen übergewichtig. Im vergangenen Jahr verloren durch Schulschließung in der Pandemie 370 Millionen Kinder die Mahlzeiten bei Schulspeisungen. "Jedes fünfte Kind weltweit", mahnte WFP-Direktor David Beasley aus Anlass des Berichts, "ist beeinträchtigt". Das heißt, der Hunger zerstört ihre Zukunftsmöglichkeiten. Die Welt müsse handeln, um diese "verlorene Generation zu retten, ehe es zu spät ist".