Weißes Haus:Zimmer frei

Das Weiße Haus ist der Amtssitz des Präsidenten - für Amerikaner steht es aber auch für den Blick ins Wohnzimmer der mächtigsten Familie der Welt. Nun hat die künftige First Lady erklärt, sie wolle nicht nach Washington ziehen.

Von Sacha Batthyany

Die neue First Lady, Melania Trump, zieht vorerst nicht ins Weiße Haus. Sie wolle das Schuljahr ihres Sohnes Barron abwarten und sich dann entscheiden, heißt es in US-Medien. Barron, zehn Jahre alt, soll nicht zu abrupt aus seinem Leben gerissen werden, sagte ein Sprecher der Trumps. "Melania ist eine sehr fürsorgliche Mutter", hieß es, sie hole ihren Sohn sogar manchmal von der Schule ab.

Das Weiße Haus ist nicht nur politisches Zentrum der USA. Für Amerikaner steht es auch für einen Blick ins Wohnzimmer der mächtigsten Familie der Welt: 23 Kinder oder Enkelkinder von Präsidenten wurden hier verheiratet. Zu Thanksgiving nehmen die Kinder des Staatschefs traditionell medienwirksam an der Zeremonie teil, wenn der Präsident einen Truthahn begnadigt. Als Barack Obama vor acht Jahren gewählt wurde, spielte auch Michelle Obama mit dem Gedanken, die beiden Töchter in Chicago großzuziehen, was im konservativen Teil des Landes zu einem Aufschrei führte: Die First Family müsse doch mit gutem Beispiel vorangehen! Michelle Obama entschied sich anders und machte das Weiße Haus für Malia und Sasha zu einem Zuhause, Gemüsegarten inklusive. Sie wache jeden Tag in einem Haus auf, das von Sklaven gebaut wurde und sehe ihre beiden schwarzen Kinder auf dem Rasen spielen, sagte sie, um zu verdeutlichen, wie weit man in Amerika kommen kann.

Auch Melania Trump ist weit gekommen. Von ihrer Kindheit im kleinen slowenischen Novo Mesto bis ins luxuriöse Penthouse des Trump-Towers in New York. Doch anders als Michelle Obama hält sich ihr Interesse an der Politik in Grenzen. Vor Melania Trump gab es nur zwei First Ladys, die nicht ins Weiße Haus zogen: Zu Zeiten von Martha Washington, der ersten Präsidentengattin in der Geschichte des Landes, war es noch gar nicht gebaut. Anna Harrison, die Frau des neunten Präsidenten William Henry Harrison, zog nicht ins Weiße Haus, weil ihr Mann kurz nach seiner Antrittsrede 1841 an den Folgen einer Lungenentzündung verstorben war.

So wird Donald Trump vorerst allein in der Hauptstadt residieren, was nicht heißt, dass er auf seine Familie verzichtet. Jared Kushner, sein Schwiegersohn, soll als Berater fungieren und ihn womöglich begleiten. Ivana, seine Ex-Frau und die Mutter seiner ersten drei Kinder, ist sich auch sicher, dass sich Donald so oft wie möglich in seinem Trump-Tower und auf seinem Anwesen in Florida aufhalten werde, denn er brauche sein gewohntes Umfeld, "sonst wird er nervös".

Amerika muss also ohne First Family im Weißen Haus vorerst auf die Bilder des jungen Barron verzichten. Kein Hund, keine Katze, keine Spielsachen unter dem präsidialen Schreibtisch. Malia Obama war zehn, als sie an der 1600 Pennsylvania Avenue einzog, so alt wie Barron es heute ist, und sie gehört heute zu den "einflussreichsten Teens der Welt" (Time Magazine). Chelsea Clinton war 13, der Secret Service verpasste ihr den Codenamen Energy. Nur ein Baby wurde auch im Weißen Haus geboren: Esther Cleveland, 1886, die Tochter von Grover Cleveland, dem 22. Präsidenten. Von unehelich gezeugten Kindern ist nichts bekannt, von sexuellen Abenteuern im Oval Office hingegen schon.

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