Weißbuch der Regionalregierung:So stellt sich Schottland die Unabhängigkeit vor

Konzept für Schottlands Unabhängigkeit

Die Schotten haben nicht nur modisch ihren eigenen Kopf. Vielleicht sind sie bald auch politisch unabhängig.

(Foto: dpa)

In zehn Monaten dürfen die Schotten abstimmen: Wollen sie eine Abspaltung von Großbritannien oder nicht? Als eine Art Entscheidungshilfe hat die schottische Regionalregierung nun ihre Pläne für die Unabhängigkeit vorgelegt, in denen wider Erwarten die Queen eine Rolle spielt.

In zehn Monaten, im September 2014, sollen etwa fünf Millionen wahlberechtigte Schotten in einem Referendum über eine mögliche Abspaltung von Großbritannien abstimmen. Wenn sie sich dafür aussprechen, so versprach Schottlands Regierungschef Alex Salmond, werde er die Nordregion zu einer "gerechteren, demokratischeren und wohlhabenderen" Nation machen.

In dem 670 Seiten dicken Weißbuch, das den Titel "Schottlands Zukunft - Ihr Führer für ein unabhängiges Schottland" trägt, skizziert Salmond vor allem die Vorzüge einer schottischen Unabhängigkeit: Eine eigene Armee aufbauen und die Bodenschätze für sich nutzen, gleichzeitig der Krone treu bleiben und das Pfund als Währung behalten.

Blühende Landschaften

Daneben stechen vor allem wirtschaftlichen Argumente heraus. Das Land werde dann 90 Prozent der Einnahmen aus den riesigen Ölvorkommen vor seinen Küsten einstreichen, heißt es. Auch ergäben sich Spielräume für die Besteuerung und den Wohlfahrtsstaat, nationale Streitkräfte sollen aufgebaut und weltweit 90 Botschaften eröffnet werden. Außerdem würden die britischen Atom-U-Boote aus ihren Stützpunkten in Schottland vertrieben werden und müssten weiter südlich vor Anker gehen.

Das beachtlich ausführliche Dokument beseitige "jeden Zweifel daran, dass wir die Unabhängigkeit bezahlen können", sagte Salmonds Stellvertreterin Nichola Sturgeon. Im Weißbuch selbst heißt es, ein "Nein" zur Unabhängigkeit verdamme Schottland zum Stillstand.

Und auch einen Termin-Fahrplan hat Salmond bereits ausgeabreitet. Am 24. März 2016 sollen die Schotten ihren ersten Unabhängigkeitstag feiern. Die erste eigenständige Parlamentswahl ist für den Mai 2016 anvisiert.

"Hirngespinst" Unabhängigkeit

Der frühere britische Finanzminister Alistair Darling fasst in einem Wort zusammen, wie die Kritiker Salmonds Projekt sehen: als "Hirngespinst". "Es wird mir doch niemand erzählen, alle guten Sachen bleiben nördlich der Grenze und alles Übel geht in den Süden", sagte er der BBC.

Danny Alexander, Chefsekretär des britischen Schatzamtes, warnte, auf den durchschnittlichen schottischen Steuerzahler kämen jährliche Mehrbelastungen von 1000 Pfund (1200 Euro) zu. Unabhängigkeitsgegner warnen überdies, der Weg zur eigenen Mitgliedschaft in Nato und EU könne nicht ganz unproblematisch werden.

Salmond und seine Schottische Nationalpartei (SNP) wollen von den Bedenken aber nichts wissen. Dass die Regionalregierung seit 1997 über Bildung und Erziehung, Gesundheitsfragen, Umwelt und Justiz schon selbst bestimmen kann, reicht ihnen nicht. Dem Regierungschef geht es um Grundsätzliches: "Im Herzen der Debatte gibt es nur eine Frage und eine Wahl: Glauben wir, die in Schottland leben und arbeiten, dass wir die besten Menschen sind, um über Schottlands Zukunft zu entscheiden?"

Die Schotten selbst sind sich in dieser Frage noch unschlüssig. In einer von der Sunday Times veröffentlichten Umfrage lag das Ja-Lager bei 38 Prozent, neun Punkte hinter dem Nein-Lager. Doch gaben 15 Prozent der Befragten an, noch unentschieden zu sein. Die regionale Opposition - und natürlich die Regierung in London - sind strikt dagegen.

Das Buch "Schottlands Zukunft" dient vor allem als Argumentationshilfe, um der zögernden Bevölkerung die Ängste vor dem historischen Schritt zu nehmen. Jeder kann den Bericht ausdrucken oder online nachlesen.

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