Bundeswehr:FDP setzt Pistorius Grenzen

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP, li.) hält nichts von den Wehrpflicht-Vorschlägen von Verteidigungsminister Boris Pistorius. (Foto: Markus Schreiber/AP)

Finanzminister Lindner und Justizminister Buschmann sind zwar für eine Wehrerfassung junger Männer, aber niemand soll zu einer Musterung oder einem Wehrdienst verpflichtet werden können.

Von Martin Anetzberger, Georg Ismar, Berlin

Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann haben für die FDP rote Linien bei dem von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) geplanten Wehrdienstmodell gezogen. Aber sie lehnen es nicht pauschal ab.

„Es ist richtig, dass wir für den Verteidigungsfall Vorkehrungen treffen“, heißt es in einem Schreiben der Minister an Pistorius, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. „Eine weitflächige Bestandsaufnahme der Menschen in Deutschland, die im Verteidigungsfall eingezogen werden könnten, ist daher eine Maßnahme vorausschauender Klugheit. Sie hat daher unsere Unterstützung.“

Damit signalisieren sie Zustimmung zu dem Plan von Pistorius, dass alle Männer um ihren 18. Geburtstag herum künftig einen Fragebogen zu ihrer körperlichen Fitness ausfüllen und erklären sollen, ob sie sich einen freiwilligen Wehrdienst vorstellen können. Für Männer soll der Fragebogen verpflichtend auszufüllen sein, für Frauen freiwillig. Nur diejenigen, die das Interesse an einem Wehrdienst bejahen, sollen später zu einer Musterung und einem möglichen Wehrdienst eingeladen werden.

Tiefer Eingriff in die persönliche Lebensplanung

Das Ziel ist die Ausbildung von zunächst 5000, dann 10 000 freiwillig Wehrdienstleistenden pro Jahr. Das Modell sieht einen Grundwehrdienst von sechs Monaten mit einer Option für einen freiwilligen Wehrdienst von bis zu zusätzlichen 17 Monaten vor. Nur wenn diese Soll-Zahl nicht erreicht wird, ist Pistorius für ein verpflichtendes Element: Aus der über die Fragebögen erhaltenen Datenbasis könnten sozusagen die Besten und Fittesten ausgewählt und zur Musterung und dann zum Wehrdienst verpflichtet werden. So macht es auch Schweden.

Aber hier gehen Lindner und Buschmann nicht mit: „Eine darüber hinausgehende Verpflichtung von kleinen Teilen eines Jahrgangs, sich mustern zu lassen oder gar einen Wehrdienst abzuleisten, würde unvermeidlich Fragen der Wehrgerechtigkeit aufwerfen und stellt für die Betroffenen einen tiefen Eingriff in ihre Freiheit und persönliche Lebensplanung dar“, schreiben sie.

Damit sind sie auf einer Linie mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht beziehungsweise Dienstpflicht, wie sie von der Union ins Spiel gebracht wurde, lehnen die beiden Liberalen ohnehin ab.

Sie plädieren vor allem dafür, mit mehr Werbung und attraktiven Angeboten die Personallücken zu schließen – allerdings klappt das bisher kaum. Zudem mangelt es vor allem an Reservisten, die laut Pistorius gerade über das neue Wehrdienstmodell gewonnen werden sollen. Wegen der Bedrohung durch Russland strebt die Bundeswehr eine Gesamtzahl von rund 450 000 Soldaten und Reservisten an.

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