Friedrich Merz sollte recht behalten. Ein paar Tage „Burgfrieden“ hatte der Oppositionsführer der Ampel nach der Haushaltseinigung prophezeit, mehr nicht. Dann werde der Dissens zwischen den drei Parteien wieder zutage treten. Seherischer Fähigkeiten bedurfte es dafür nicht, machten doch führende Leute bei SPD und Grünen keinen Hehl aus ihrer Unzufriedenheit. Vor allem bei den Bereichen Sicherheit und Verteidigung sehen sie Nachbesserungsbedarf. Und da der Haushalt das Königsrecht des Parlaments ist, könnten die Abgeordneten an der Regierungsvorlage noch erhebliche Änderungen vornehmen.
So hat der Grünen-Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer bereits „zahlreiche und auch wesentliche Änderungen“ beim Etat angekündigt. Gerade in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gebe es „große Notwendigkeiten, die wir im parlamentarischen Verfahren berücksichtigen werden“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch aus Sicht des SPD-Haushaltspolitikers Andreas Schwarz spiegelt der Haushalt „noch nicht die Anforderungen der Bedrohungslage wider“. Bei der Bundeswehr seien weitere Investitionen notwendig. „Wir müssen den Weg der Zeitenwende weitergehen. Dafür benötigen wir einen auskömmlichen und mutigen Haushalt“, sagte Schäfer. Er gibt jedoch auch zu: Das im parlamentarischen Verfahren zu erreichen, werde eine „Herausforderung“.
Habeck unterstützt Pistorius
Und die wird derzeit eher größer als kleiner: Unmittelbar vor Beginn des Nato-Gipfels in Washington hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf Probleme bei der Ukraine-Unterstützung hingewiesen. „Wir arbeiten gerade daran, zusätzliche Mittel loszueisen, um auch in diesem Jahr noch weiter tätig sein zu können“, sagte Pistorius. Auch über die Mittel für das kommende Jahr werde „noch zu reden sein“. Von den im aktuellen Haushalt vorgesehenen sieben Milliarden Euro Militärhilfe sind laut Koalitionskreisen nur noch etwa 180 000 Euro übrig. Das Ministerium sieht demnach allein für das laufende Jahr einen zusätzlichen Bedarf von vier Milliarden Euro.
Ganz in Pistorius’ Sinne hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf seiner Sommerreise angemerkt, die Schuldenbremse habe über Jahre nur eingehalten werden können, weil die „großen Verteidigungsausgaben nicht ausreichend finanziert wurden“. Die Regierung Merkel habe das Zwei-Prozent-Ziel der Nato nie erreicht. „Die Konsequenz ist, dass die Bestände der Bundeswehr leer sind“, sagte er. Seine Übertragung auf die derzeitige Situation: Die Finanzbedingungen passten nicht zur Sicherheitslage Deutschlands.
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich vor seinem Abflug zum Nato-Gipfel in Washington hingegen betont gelassen. Deutschland stelle dauerhaft zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Verteidigung zur Verfügung, bekräftige Scholz. Seiner Fraktion reicht das nicht: Sie hatte bis zuletzt vehement gefordert, die Schuldenbremse zugunsten der Verteidigungsausgaben erneut auszusetzen. Derzeit habe die Bundeswehr mit dem Sondervermögen und dem Haushalt zwei Quellen der Finanzierung, so Scholz weiter. Von 2028 an müsse der Wehretat von derzeit etwa 52 Milliarden Dollar dann auf etwa 80 Milliarden steigen.