Wehretat:Schäuble schont das Verteidigungsministerium

Guttenbergs Ressort soll fünf Milliarden Euro weniger einsparen als geplant. Opposition und FDP reagieren mit Kritik an Finanzminister Schäuble.

G. Bohsem, C. Hulverscheidt und S. Höll

Nach wochenlangem Gezerre lockern Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) den Spardruck auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Wie aus dem Haushaltsentwurf für 2012 hervorgeht, darf zu Guttenberg in den nächsten vier Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro mehr für die Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee ausgeben als bisher vorgesehen. Die Opposition übte harsche Kritik an dem Beschluss und erklärte, die Union wolle mit Hilfe des Haushalts einen unter Druck stehenden Minister stützen. Auch die FDP drohte, die Entscheidung nicht widerstandslos hinzunehmen.

Wolfgang Schäuble

Muss sich Vorwürfe anhören, "Guttenbergs politisches Überleben mit Hilfe von Steuergeldern sichern" zu wollen: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lockert den Spardruck auf das Verteidigungsministerium.

(Foto: dpa)

Insgesamt will der Bund nach Schäubles Planung 2012 gut 304 Milliarden Euro ausgeben, knapp zwei Milliarden weniger als in diesem Jahr. Die Neuverschuldung soll auf 31,4 Milliarden und bis 2015 weiter auf 12,8 Milliarden Euro sinken. Damit kann die Regierung die neu im Grundgesetz verankerte Kreditobergrenze womöglich schon ein Jahr früher einhalten als bisher vorgesehen.

Während etwa Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in den nächsten Jahren kräftig sparen muss, kommt Guttenberg weitaus besser davon als noch Mitte 2010 vereinbart. Der Minister hatte sich vor Wochen von seinen Sparzusagen verabschiedet und dabei auf die Entscheidung der Koalitionsführung verwiesen, die neue Freiwilligenarmee mit bis zu 185.000 Mann auszustatten. Seine eigenen Planungen sahen dagegen nur gut 160.000 Soldaten vor. Nach Angaben aus Regierungskreisen hätte der Verteidigungsminister die eigenen Sparvorgaben allerdings auch mit einer solch geringeren Truppenstärke niemals erreicht.

Der SPD-Finanzexperte Carsten Schneider warf Merkel und Schäuble vor, sie wollten "Guttenbergs politisches Überleben mit Hilfe von Steuergeldern sichern". Zudem habe Schäuble nur einen Teil der konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen von 30 Milliarden Euro zur Senkung der Neuverschuldung verwendet . Schneiders Grünen-Kollege Alexander Bonde erklärte, die Regierung verzichte aus politischer Rücksichtnahme darauf, "den Wildwuchs im Wehretat zu beschneiden". Er sei zudem "entsetzt" über Schäubles viel zu optimistische Annahmen zur Arbeitsmarktentwicklung.

Die Pläne des Finanzministers verärgerten auch viele Liberale. Der Entwurf werde so das Kabinett nicht passieren, hieß es in FDP-Führungskreisen. Zwar sei denkbar, dass Guttenberg mehr Geld für die Bundeswehrreform erhalte. Dann aber könnten auch Gesundheitsminister Philipp Rösler und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) mehr Mittel beanspruchen. Schäubles Vorgehen sei auch insoweit irritierend, als der Minister nicht einfach Sparbeschlüsse des Kabinetts vom vergangenen Jahr für unwirksam erklären könne. "Das ist keine normale Sache", hieß es.

Der Etatentwurf für 2012 wurde erstmals nach dem sogenannten Top-down-Verfahren aufgestellt. Dabei gibt das Finanzministerium nach Rücksprache mit dem Kanzleramt Ausgabenobergrenzen für die einzelnen Fachressorts vor. Überzogene Forderungen sollen so verhindert werden. Zugleich müssen die Ressorts keine Kürzungen mehr befürchten, wenn etwa die Steuerschätzung schlechter ausfällt als gedacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: