Wegen Lobes für Hohmann-Rede:Struck feuert KSK-Chef

Verteidigungsminister Struck hat den Chef des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK), Brigadegeneral Reinhard Günzel, entlassen. Der Offizier hatte die als antisemitisch kritisierte Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann gelobt: Mit seinen Gedanken habe Hohmann "der Mehrheit unseres Volkes eindeutig aus der Seele" gesprochen.

Struck wies den Inspekteur des Heeres an, Günzel von seinen Aufgaben zu entbinden. Gleichzeitig bat Struck Bundespräsident Johannes Rau, den Offizier in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.

Eine genaue Prüfung eines Briefs Günzels an Hohmann habe ergeben, dass die Vorwürfe gegen den General noch schwerwiegender seien als zunächst bekannt.

Das ZDF-Magazin "Frontal21" hatte zuvor berichtet, dass Günzel die Hohmann-Rede zum Tag der Deutschen Einheit gelobt habe: "Eine ausgezeichnete Ansprache - wenn ich mir dieses Urteil erlauben darf - wie man sie mit diesem Mut zur Wahrheit und Klarheit in unserem Land nur noch sehr selten hört und liest", heißt es in einem Schreiben Günzels an Hohmann.

Struck: Günzels Äußerungen verwirrend und abstrus

Der 59-jährige Offizier, zu dessen Hobbys laut "Handbuch der Bundeswehr" Geschichte gehört, schrieb weiter, mit seinen Gedanken habe Hohmann "der Mehrheit unseres Volkes eindeutig aus der Seele" gesprochen.

Struck warf Günzel vor, der Bundeswehr mit seinen "abstrusen und verwirrenden" Äußerungen schwer geschadet zu haben. Deshalb habe er dessen Entlassung vorgeschlagen. Dieser "Rausschmiss" sei keine ehrenhafte Verabschiedung. Er zeigte sich überzeugt, dass der Fall Günzel ein "Einzelfall" in der Armee sei.

Auch Zentralrat der Juden verklagt Hohmann

Zuvor hatte der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat den Ausschluss des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus der Unionsfraktion gefordert.

Spiegel wertete die Äußerungen des Parlamentariers am Dienstag im WDR als "schlimmsten Fall von Antisemitismus", den er in den letzten Jahrzehnten erlebt habe. Die Rüge, die die CDU-Spitze Hohmann erteilt habe, reiche nicht aus. Die Parteispitze habe selbst festgestellt, dass dessen Äußerungen im Widerspruch zu den Grundüberzeugungen der CDU stünden.

Der Zentralrat der Juden stellte laut Spiegel inzwischen Strafanzeige gegen Hohmann wegen Volksverhetzung. Die Staatsanwaltschaft Fulda hat bereits Vorermittlungen gegen den hessischen Politiker eingeleitet, nachdem ein Bürger aus Bonn Hohmann wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener angezeigt hatte. Vor der Einleitung eines formellen Ermittlungsverfahrens schützt Hohmann derzeit noch seine Immunität als Parlamentarier.

Spiegel: Antisemitismus in Deutschland salonfähig

Als "Skandal" wertete es Spiegel, dass die antisemitischen Äußerungen Hohmanns am 3. Oktober von den Zuhörern "einfach so akzeptiert" worden seien, ohne dass sich Widerspruch erhoben habe.

Dies sei ein weiteres Zeichen dafür, dass der Antisemitismus in Deutschland salonfähiger geworden sei. Er gehe davon aus, dass der Fall auch außenpolitisch großen Schaden anrichten werde.

Die CDU-Spitzengremien hatten die "unerträglichen Äußerungen" Hohmanns am Montag einmütig verurteilt, von weiteren Konsequenzen aber abgesehen. Sollte Hohmann derartige Äußerungen wiederholen, würden partei- und fraktionsinterne Verfahren gegen ihn eingeleitet, erklärte Parteichefin Angela Merkel.

Seinen Sitz im Innenausschuss des Bundestages musste Hohmann allerdings am Montag abgeben.

Erst nach langem Zögern hatte sich der CDU-Politiker am Samstag für seine Äußerung entschuldigt, vor allem kommunistische Juden seien für die Massenmorde während der russischen Revolution verantwortlich gewesen.

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