Der umstrittene Vertriebenenverband Landsmannschaft Schlesien ist wegen einer geplanten antipolnischen Rede seines Bundesvorsitzenden Rudi Pawelka in eine Führungskrise geraten.
Der als moderat geltende Vorsitzende der Schlesischen Landesvertretung, Michael Pietsch, trat zurück, nachdem er das Redemanuskript gelesen hatte. Die Rede wollte Pawelka am Wochenende beim Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover halten. Neben Pietsch hätten auch andere Vorstandsmitglieder ihren Rücktritt angekündigt. Das Kultur- und Geschichtszentrum "Haus Schlesien" habe seine Teilnahme an dem Deutschlandtreffen abgesagt.
Auch Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) sowie Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagten ihre Teilnahme an dem Treffen ab, nachdem sie vom Inhalt des Manuskripts vorab erfahren hatten, teilte das Innenministerium in Hannover mit. Busemann sagte der Nachrichtenagentur dpa, die geplante Rede Pawelkas diene nicht der deutsch-polnischen Versöhnung. Außerdem wolle Pawelka in seiner Rede Bundeskanzlerin Angela Merkel und auch die CDU ins Visier nehmen, wie er auf der Homepage des Verbands ankündigte.
Beim letzten Deutschlandtreffen der Schlesier vor zwei Jahren war es bereits zu einem Eklat gekommen, als Niedersachsens damaliger Ministerpräsident David McAllister (CDU) während Pawelkas Rede aus dem Saal gelaufen war. Pawelka hatte von einer polnischen Beteiligung am Holocaust gesprochen.
Landsmannschaft erneut in Kritik
Viele Vertreter der Landsmannschaft Schlesien wie Pietsch haben sich in der Vergangenheit als Brückenbauer zwischen Deutschland und Polen erwiesen. Jedoch hielten sich auch rückwärtsgewandte Stimmen wie etwa die von Pawelka. Wegen antipolnischer Töne und dem Vorwurf einer mangelnden Abgrenzung von Rechtsextremisten standen die Landsmannschaft und Unterorganisationen wie die Schlesische Jugend immer wieder in der Kritik.
Das zweijährige Deutschlandtreffen mit Zehntausenden Teilnehmern wird in Hannover organisiert, da Niedersachsen Partnerland der Schlesier ist. Die Mehrzahl dieser Vertriebenengruppe - insgesamt rund 70.000 - fand nach dem Krieg in Niedersachsen eine neue Heimat. Jeder vierte Niedersachse hat schlesische Wurzeln. Politischen Streit hatte es stets um die finanzielle Unterstützung des Schlesiertreffens durch das Land Niedersachsen gegeben. In der Zeit der vorangegangen rot-grünen Landesregierung fand das Treffen in den neunziger Jahren wegen mangelnder niedersächsischer Unterstützung zeitweise in Nürnberg statt.
Die schwarz-gelbe Regierung unter Christian Wulff zeigte sich später wieder gastfreundlich gegenüber den Schlesiern - knüpfte diese Unterstützung aber an strikte Auflagen. Radikale Töne sollten unterbleiben und keine rechtslastigen Schriften in den Messehallen ausgelegt werden. Trotz aller Bedenken wollte die neue Landesregierung von SPD und Grünen die bereits zugesagten 50.000 Euro für das diesjährige Treffen nicht annullieren, pochte aber ebenso auf Mäßigung.