Wasserstoffbomben:Zweistufige Zerstörunsgkraft

Wie funktionieren diese Sprengkörper? Wasserstoffbomben ziehen ihre ungeheure Energie aus zwei unterschiedlichen Kernprozessen. Zusätzlich zur Kernspaltung spielt auch die Kernfusion eine Rolle.

Von Kathrin Zinkant

Weder der Begriff Wasserstoffbombe noch der häufig benutzte Euphemismus einer "sauberen Atombombe" wird der enormen Zerstörungskraft dieser modernen Atomwaffe gerecht. Im Gegensatz zu den reinen Atomwaffen, wie sie im Jahr 1945 von den US-Streitkräften auf die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, beziehen Wasserstoffbomben ihre ungeheure Energie aus zwei verschiedenen Arten von Kernprozessen.

Der eine Prozess ist identisch mit dem in einer konventionellen Atombombe: die Spaltung von Atomkernen in einer Kettenreaktion. Möglich wird diese unaufhaltsame Reaktion, weil Atomkerne aus einer genau festgelegten Zahl von kleinen Teilchen bestehen, Protonen und Neutronen genannt. Schwere Atomkerne wie Uran-235, die aus sehr vielen solcher Teilchen bestehen, werden instabil, wenn sie noch ein weiteres Kernteilchen aufnehmen. Sie zerfallen und setzen Energie und einige schnelle Neutronen frei, die weitere Atomkerne spalten können.

Auch Wasserstoffbomben benötigen Energie. Diese ziehen sie in der ersten Stufe aus der atomaren Kettenreaktion wie bei der Explosion einer Atombombe, deren Folge radioaktiver Fallout ist. Die Energie der Kernspaltung erfüllt hier aber eine andere Funktion als die der Zerstörung. Sie schiebt einen zweiten Prozess an, der wie die Kernspaltung enorme Energien freisetzt: die Verschmelzung von Atomkernen, Kernfusion genannt.

Es ist der gleiche Prozess, der in der Sonne stattfindet: Dort verschmelzen Wasserstoffkerne zu Helium. In den heute üblichen Wasserstoffbomben verschmelzen die Kerne von schwerem Wasserstoff, Deuterium genannt, in einer mehrstufigen Reaktion ebenfalls zu Helium. Dass auch das Gegenteil der Kernspaltung Energie produziert, mag widersinnig erscheinen. Doch die explosive Kraft von Fusions- und Spaltungsbomben beruht auf dem gleichen physikalischen Phänomen, Massendefekt genannt. In der Atomphysik ist Masse gleichbedeutend mit Energie, weshalb der Massendefekt zum Energieverlust wird. Die Spaltung liefert Energie, weil sie große, schwere Kerne unter dem Verlust von Masse zerteilt. Die Fusion liefert Energie, weil sie kleine, leichte Kerne unter dem Verlust von Masse zusammenfügt.

Der gefährliche Vorteil der Kernfusion ist, dass das Material für die Reaktion fast unbegrenzt zur Verfügung steht - und die Bombe kompakt genug ist, um auf eine Interkontinentalrakete montiert zu werden. Fast alle modernen Atombomben sind deshalb Wasserstoffbomben. Außerdem ist die Kombination mehrerer Sprengsätze in einer Bombe möglich. So lässt sich ein Atomsprengsatz, der einen Wasserstoffsprengsatz zündet, erweitern um einen oder mehrere Sprengsätze der beiden Typen, was die zerstörerische Kraft vervielfacht.

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