Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Dienst:Wo gestreikt wird

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Tiefbauamt, Müllabfuhr, Klinik: Die Gewerkschaften wollen bei den Warnstreiks am Dienstag behutsam vorgehen - doch betreffen sie auch Kitas und Krankenhäuser.

Von Benedikt Peters, München

Manche der Teilnehmer an den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst hatten sich etwas anderes erhofft. Sie hatten ihre Zimmer im Kongresshotel in Potsdam, wo Gewerkschaften und Arbeitgeber um höhere Löhne für die Beschäftigten von Bund und Kommunen ringen, auch noch für eine dritte Nacht reserviert. Es könne ein Verhandlungsmarathon werden, bis weit in den Sonntagabend hinein, und ganz am Ende könne man sich ja vielleicht doch irgendwie einig werden, hatte es vorher geheißen.

Doch daraus wurde nichts, schon am Sonntagmittag verkündeten die Tarifparteien, dass man nicht weiterkomme. Die Arbeitgeber legten kein Angebot vor, die Gewerkschaftsführer von Verdi und Deutschem Beamtenbund bekundeten öffentlich ihren Zorn. Dann legte die Gewerkschaft Verdi noch einmal nach und kündigte für diesen Dienstag Warnstreiks der Beschäftigten an.

Es war eine Ankündigung, die Furore machte - insbesondere deshalb, weil Gewerkschaftschef Frank Werneke von den Warnstreiks weder die kommunal beschäftigten Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen noch Erzieher und Erzieherinnen ausschloss. Die Kitas waren wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr bereits viele Wochen geschlossen. Die Krankenhäuser könnten wegen mancherorts steigender Infektionszahlen bald wieder mehr zu tun bekommen. Werneke betonte allerdings, behutsam vorgehen zu wollen, die Versorgung der Patienten sei trotz der Warnstreiks immer sichergestellt.

Arbeitsniederlegungen in NRW

Die Aufrufe in den verschiedenen Bundesländern bestätigen dieses Bild. In Bayern seien zunächst nur kleinere Aktionen geplant, sagte ein Sprecher des Verdi-Landesbezirks der SZ. Zum Streikauftakt am Dienstag seien Arbeitsniederlegungen beim Tiefbauamt in Augsburg geplant, Abteilung Stadtentwässerung. Zudem gebe es weitere Aktionen, die allerdings keine echten Streiks seien. Vielmehr würden sich die Beschäftigten treffen und überlegen, welche Maßnahmen sie in den nächsten Tagen durchführen wollten. "Da wird sich noch mehr bewegen", so der Sprecher, dies könne dann auch Krankenhäuser und Kitas treffen. Man werde bei allen Aktionen aber "besonderes Augenmaß walten lassen". In München sei zunächst nichts geplant.

Etwas stärker treffen die Streiks andere Regionen, zum Teil sind dort auch einige wenige Krankenhäuser und Kitas betroffen. So etwa in Nordrhein-Westfalen, dort gibt es am Dienstag und Mittwoch mehrere Schwerpunkte, etwa im westfälischen Gütersloh. Dort hat Verdi die Beschäftigten des städtischen Klinikums, der Stadtverwaltung und der städtischen Kindertagesstätten aufgerufen, die Arbeit am Dienstag niederzulegen. Am Mittwoch sollen sich Beschäftigte mehrerer Kliniken im Kreis Minden-Lübbecke an dem Warnstreik beteiligen. In der Ruhrgebietsstadt Unna und in Remscheid im Bergischen Land wird die Stadtverwaltung bestreikt, in Duisburg unter anderem die Müllabfuhr.

Gewerkschaften fordern unter anderem 4,8 Prozent mehr Lohn

Auch in Norddeutschland kommt es ab Dienstag zu Warnstreiks. In Kiel etwa sind die Beschäftigten des Städtischen Krankenhauses dazu aufgerufen worden, ebenso die Mitarbeiter der Stadtwerke. In Hamburg sollen am Donnerstag erste Aktionen beginnen. In Baden-Württemberg konzentrieren sich die Aufrufe zunächst auf Freiburg. Dort sind für Dienstag die Beschäftigten der städtischen Kindergärten und der Stadtverwaltung zum Warnstreik aufgerufen. In Berlin könnten nicht nur kommunale Betriebe bestreikt werden, sondern auch verschiedene Bundesverwaltungen, heißt es vom zuständigen Landesbezirk. Zudem gelte der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auch für die Charité. Ob es dort zu Warnstreiks kommt, ist aber noch unklar.

Die verschiedenen Landesbezirke betonen, den Druck auf die Arbeitgeber nach und nach steigern zu wollen. So wollen sie erreichen, dass die Arbeitgeber zur dritten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Oktober ein Angebot vorlegen. Die Gewerkschaften fordern unter anderem 4,8 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten oder mindestens 150 Euro bei kleineren Einkommen.

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Quelle:
SZ vom 22.09.2020
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