Der Präsident hat sich Zeit gelassen. Zwei, drei Wochen lang hat Donald Trump vom Weißen Haus aus dabei zugeschaut, wie die Westküste brennt. Den betroffenen Bundesstaaten tatsächlich zu helfen - auf diese Idee ist Trump erst am Freitag gekommen, als er Geld aus dem Bundeshaushalt freigab, um die lokalen Feuerwehren in Kalifornien, Oregon und Washington State zu unterstützen.
Doch die Katastrophe ist inzwischen zu groß, um sie weiter zu ignorieren: mehr als 30 Tote, rund zwei Millionen Hektar verbranntes Land, hustende Menschen unter einem roten Himmel. Donald Trump hat sich deswegen entschieden, an eine Wahlkampfreise durch Nevada einen Tag anzuhängen und an diesem Montag nach Kalifornien zu reisen.
Sie sollten sich besser um ihre Wälder kümmern, rät Trump den Kaliforniern
In politischer Hinsicht ist das kein unproblematischer Besuch. Kalifornien, der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Bundesstaat, ist eine Hochburg der Demokraten. Die Anführerin der Demokraten im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, stammt von dort, ebenso Kamala Harris, die demokratische Vizekandidatin. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom ist ein scharfer Kritiker Trumps, der demokratische Justizminister des Staates, Xavier Becerra, hat mehrere Klagen gegen Trumps Immigrations-, Gesundheits- und Umweltpolitik angestrengt.
Der Präsident revanchiert sich mit ätzenden Bemerkungen über das Obdachlosenproblem in vielen kalifornischen Großstädten. Vor allem aber weigert er sich, den mittlerweile relativ gut belegten Zusammenhang zwischen der Erderwärmung, der Dürre in Kalifornien und den immer verheerenderen Waldbränden dort anzuerkennen. Während Gouverneur Newsom zum Zusammenhang mit den Waldbränden von einer "Klimakrise" spricht, gibt Trump dem Bundesstaat den Rat, die Wälder doch besser zu pflegen. Trumps Desinteresse an der derzeitigen Brandkatastrophe, so vermutete kürzlich der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, habe vor allem damit zu tun, dass die Kalifornier bei Wahlen überwiegend für die Demokraten stimmten.
Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden versucht, das politische Vakuum zu füllen. Am Samstag drückte er in einer Erklärung den Familien, die im Feuer Angehörige oder Häuser verloren haben, sein Beileid aus. Er lobte die Feuerwehrleute. Und er schrieb, dass der Klimawandel eine "drängende und existenzielle Bedrohung" sei.
Dieser letzte Satz hatte zumindest zum Teil das Ziel, Kritiker in der eigenen Partei zu besänftigen. Denn Bidens Ideen zum Klimaschutz gehen dem linken Flügel der Demokraten längst nicht weit genug. Es war kein Zufall, dass der linke Senator Bernie Sanders in den vergangenen Tagen bei Twitter forderte, dass es nun endlich Zeit sei für den "Green New Deal", das extrem ambitionierte Klimaschutz- und Wirtschaftsprogramm der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Biden hatte sich im Vorwahlkampf ausdrücklich geweigert, dieses Manifest zu unterstützen. Vor ein paar Tagen sagte er, dass er das umstrittene Gas- und Ölfracking nicht verbieten wolle.
Das ist für einen Kandidaten, der im November in industriell geprägten Bundesstaaten wie Pennsylvania gewinnen will, eine vernünftige Position. Bei vielen jungen linken Demokraten löste die Bemerkung aber Entsetzen aus.