Wahlrechtsreform:Bundestag beschließt Verkleinerung des Parlaments

Lesezeit: 2 min

Der Bundestag soll kleiner werden. (Foto: Chris Emil Janssen via www.imago-images.de/imago images/Chris Emil Janßen)

Statt 736 soll es künftig 630 Abgeordnete geben. Überhang- und Ausgleichsmandate fallen weg, zudem soll eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Union und Linke wollen klagen.

Der Bundestag hat nach jahrelangem Streit eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Derzeit sind es 736. Ein Entwurf von SPD, Grünen und FDP erreichte in Berlin die erforderliche einfache Mehrheit. 400 Abgeordnete stimmten für die Reform. Wie die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoğuz mitteilte, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Parlamentarier enthielten sich. Die Union und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt. Sie kündigten jeweils eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Erreicht werden soll die Verkleinerung des Parlaments, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine Aufblähung des Bundestages. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustünden. Sie durfte diese Sitze behalten und die anderen Parteien erhielten dafür Ausgleichsmandate. Nach den neuen Regeln kann es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Dies erzürnt vor allem die CSU.

SZ PlusMeinungWahlrechtsreform
:Die Ampelkoalition hat's versemmelt

SPD, Grüne und FDP setzen durch, dass das Wahlrecht geändert und der Bundestag kleiner wird. Das ist so legitim wie überfällig. Nur: Die Art ihres Vorgehens schadet der parlamentarischen Demokratie.

Kommentar von Robert Roßmann

Außerdem soll eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei. Je nach Wahlergebnis könnte das in Zukunft auch Konsequenzen für die bayerische Regionalpartei CSU haben, die bei der vergangenen Wahl bundesweit gesehen auf 5,2 Prozent der Stimmen kam.

SPD, Grüne und FDP argumentieren, dass die Verkleinerung alle Parteien gleichermaßen treffe. Die Reform sei damit fair und verfassungsgemäß. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, sagte, Ziel des Vorhabens sei "ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht".

Merz: "Wir werden darauf drängen, dass das geändert wird"

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt entgegnete, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und "das Existenzrecht der CSU" infrage zu stellen. "Sie machen hier eine Reform für sich selbst", um den "Machtanspruch der Ampel" zu zementieren, warf er Hartmann vor.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte nach der Abstimmung: "Bei der nächsten Regierungsbeteiligung werden wir darauf drängen, dass das geändert wird." Er sprach von einer "Beschädigung des Vertrauens in unsere Demokratie". Zuvor hatte er am Ende der Debatte an die Ampelfraktionen appelliert, die Abstimmung um zwei Wochen zu verschieben. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich lehnte den Vorschlag ab.

Merz will die Wahlrechtsreform per Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht zu Fall bringen. Einen entsprechenden Vorschlag werde er seiner Fraktion unterbreiten, sagte Merz. CSU-Chef Markus Söder hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das neue Wahlrecht zu klagen.

© SZ/dpa/dta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bundestag
:Angst schweißt zusammen

Noch nie haben die Abgeordneten der Linken der CSU so viel Beifall gespendet wie vor dem Votum über das Wahlrecht.

Von Robert Roßmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: